Hamburg. Der Hamburger Altbürgermeister Klaus von Dohnanyi im Gespräch mit Matthias Iken. Heute über den Hochschulstandort.
Matthias Iken: Die Nobelpreise wurden verkündet, Deutschland ging leer aus. Wie stark ist unsere Wissenschaft?
Klaus von Dohnanyi: Der Nobelpreis für Medizin ging an „Deutschland“, obwohl ihn ein Schwede erhielt. Denn Prof. Svante Pääbo forscht seit 25 Jahren am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Für die Stärke der Wissenschaft ist die Nationalität der Forscher unerheblich, entscheidend ist ihr Forschungsstandort. Gerade an den Max-Planck-Instituten gab es in den letzten Jahren mehrere Nobelpreisträger. Grundlagenforschung ist in Deutschland im Weltvergleich noch immer sehr gut.
Iken: Sie haben 2014 mit Wolfgang Peiner und Willfried Maier für die Stärkung des Hochschulstandorts Hamburg geworben. Mit Erfolg?
Dohnanyi: Nicht erst seit 2014. Schon in meiner Amtszeit habe ich in mehreren Reden vor dem Übersee-Club darauf hingewiesen, dass Hamburg dringend neben dem Hafen ein dauerhaft verlässlicheres Standbein brauche: Hafen und Logistik werden auf längere Sicht sowohl aus geografischen wie aus umwelt-geologischen Gründen dem Wettbewerb der Tiefwasserhäfen im Westen kaum folgen können. Auch China ließ seine „Neue Seidenstraße“ planerisch nicht in Hamburg, sondern am Binnenhafen Duisburg enden. Nur Wissenschaft als Standortmerkmal wäre ein solches zweites Standbein. Mit meinen Kollegen Peiner und Maier haben wir in zweijähriger Arbeit versucht, die Stadt von der „Priorität Wissenschaft“ zu überzeugen. Folgen sind leider nicht sichtbar.
Iken: Was halten Sie nun für geboten?
Dohnanyi: Ich bin mir zunächst der unzureichenden Schritte meiner Amtszeit bewusst. Ich konnte weder sachlich noch personell durchsetzen, was ich für notwendig hielt. Und was hat meine harte Arbeit in der Reformkommission für Senator Dräger letztlich bewirkt? Die Bürgerschaft müsste sich zur Priorität Wissenschaftsstandort bekennen. Wie soll das gehen? Sachkenntnis und Erfahrung müssten vor Parteipolitik stehen. Es ist keine Frage des Geldes, es ist eine Frage mutiger Prioritätensetzung und Personalentscheidungen, an der Universität wie im Senat. Haben wir dafür in Hamburg strukturell die politischen Voraussetzungen? Die Antwort gibt die Situation.