Hamburg. „Hamburg dreht das“ fordert zum Mitmachen auf: Der Appell ist richtig. Jeder kann seinen Beitrag leisten.
Es zeigt, wie ernst die Lage ist, wenn Bürgermeister Peter Tschentscher gemeinsam mit hochrangigen Vertretern aus Wirtschaft und Gesellschaft ein Bündnis ins Leben ruft, das alle Hamburger zum Energiesparen animiert. Unter dem Motto „Hamburg dreht das“ können und sollen alle mitmachen. Denn jede eingesparte Kilowattstunde Strom, jeder nicht verbrauchte Kubikmeter Gas zählt, damit Hamburg gut durch die bevorstehende kalte Jahreszeit kommt.
Doch es geht bei dieser Initiative nicht nur darum, Strom-Blackouts, eiskalte Wohnzimmer und Zwangsabschaltungen von Betrieben in der Stadt zu verhindern. Energiesparen ist in diesen Zeiten mehr als eine notwendige Maßnahme, um die Wirtschaft am Laufen zu halten und den eigenen Geldbeutel zu schonen. Wer Licht ausschaltet und die Gasheizung herunterdreht, gibt auch ein politisches Statement ab, worauf der Bürgermeister zu Recht hingewiesen hat. Es ist ein Statement gegen Putins Krieg, gegen die Noch-Abhängigkeit von Rohstoffen, gekauft von einem Diktator, dessen Ziel es ist, die Demokratien im Westen zu spalten, zu schwächen und am Ende zu zerstören.
Energiespar-Bündnis: Die Möglichkeiten sind begrenzt
So gut gemeint das Energiespar-Bündnis ist, so begrenzt sind am Ende aber auch seine Möglichkeiten. Denn sehr viel mehr als Appelle können der Senat, Handels- und Handwerkskammer, Unternehmen und Vereine derzeit nicht an die breite Öffentlichkeit senden. Am Ende muss jeder selbst entscheiden, wie weit er beim Energiesparen gehen will – und kann. So werden Altenheime die Zimmer ihrer Bewohnerinnen kaum dauerhaft auf 17 Grad herunterkühlen können. Und auch das Abstellen der Gasheizung in älteren Wohnhäusern während der kalten Jahreszeit kann wegen der Schimmelbildung mehr schaden als nutzen.
Panik und Übereifer sind in dieser durchaus kritischen Situation kein guter Ratgeber. Verstand immer einschalten, Heizung und Licht – wenn möglich – ausschalten, so sollte das Motto für das nächste Halbjahr lauten. Und es gibt durchaus noch viele – nicht ausgeschöpfte – sinnvolle Einsparmöglichkeiten, in Privathaushalten ebenso wie in Unternehmen. Viele Hamburger Betriebe gehen hier mit gutem Beispiel voran, haben Krisenteams gebildet, suchen nach jeder Kilowattstunde, die nicht benötigt wird. Letztlich sollten alle Betriebe diesen Weg gehen.
Einzelhandel verzichtet auf verlängerte Öffnungszeiten
Dass der Einzelhandel in der Innenstadt nun auf verlängerte Öffnungszeiten in der Vorweihnachtszeit verzichtet, ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Stellt sich die Frage, ob die Geschäfte mit Blick auf Energiekosten, rückläufige Kundenzahlen und fehlendes Personal nicht sogar länger und großflächiger ihre Öffnungszeiten reduzieren sollten. Auch die Notwendigkeit einer Weihnachtsbeleuchtung muss bezweifelt werden. Schaufenster und Straßen im teuren Lichterglanz – es wäre ein falsches Signal.
Energiesparen schont übrigens nicht nur sofort das eigene Portemonnaie und darf als politisches Statement für Freiheit und Frieden verstanden werden. Eine sinkende Nachfrage nach Strom und Gas würde auch dazu beitragen, dass die Energiepreise nicht immer weiter steigen.
Abhängigkeit von Diktaturen immer gefährlich
Der Ukraine-Krieg zeigt Hamburg, Deutschland und allen demokratischen Ländern, wie gefährlich es sein kann, wenn man sich in eine zu große Abhängigkeit von Diktaturen begibt. Die Lehrstunden, die wir nun erteilt bekommen, sind teuer und ungemütlich. Aber je mehr Zusammenhalt und Vernunft unsere Gesellschaft zeigt, desto schneller kommen auch wieder bessere Zeiten.