Hamburg. Gemarkung, Gebäudefläche, Grundbuch – hat der Eigentümer alles. Er weiß nur nicht, wo. Oder wie. Und warum.
Dem Eigentümer steht der Schweiß auf der Stirn. Die „Aufforderung zur Abgabe der Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts“ ist da. Jetzt führt kein Weg mehr an der Grundsteuerreform vorbei. Der 31. Oktober kommt schneller, als man Liegenschaftskataster sagen kann. Also ran, so schlimm wird’s schon nicht sein.
Erst mal bei Elster einloggen. Da gibt es doch schon ein Konto, oder? Besser wäre es, sonst geht es weiter, wenn die Registrierung abgeschlossen ist – in zwei Wochen. Aber wie waren noch gleich die Zugangsdaten? Vielleicht erst mal online die Elster-„Klickanleitung“ lesen. 25 Seiten? Ach, das geht bestimmt auch so. Guck mal, es gibt auch ein Erklärvideo der Stadt: „Klingt kompliziert? Hamburg erklärt’s!“ Klingt gut! Und Erika Mustermann braucht für die ersten zwei Seiten nur 15 Sekunden.
Wo kommen die Nutzflächen zum Gebäude jetzt her?
Bis Zeile 29, „Anteil der Wirtschaftlichen Einheit“, einzutragen in Zähler und Nenner. Moment, Bruchrechnung, die Mathestunde ist schon etwas länger her. Aber Erika ist schon beim zweiten Formular, Angaben zu Grund und Boden und Gebäudeflächen. Gemarkung, Flurstücksnummer, Fläche, Grundbuchblatt – hat die schlaue Erika alles parat.
Einmal in den Grundbuchauszug gucken, fertig. Oder? „In Zeile sechs ist zu beachten, dass beim Zähler fünf Nachkommastellen einzutragen sind.“ Äh, Erika, warte mal kurz! Was? Wo hast du die Wohn- und Nutzflächen zum Gebäude jetzt her? Bauunterlagen? Finanzierungsunterlagen? Kaufvertrag, ja, der müsste da in einem der Ordner ... Nicht so schnell, warum bleibt die Garage jetzt „außer Ansatz“? Und wieso trägt dein Bruder Paul jetzt „33300000“ in den Zähler ein?
Dutzende Grundsteuer-Tutorials auf YouTube zu finden
Zumindest erklärt das, warum auf YouTube Dutzende weitere Grundsteuer-Tutorials zu finden sind. Einige davon in Spielfilmlänge. Ah, hier ist eines, das hat nur 16 Minuten. Darin geht es allerdings auch nur um die Angaben zur Tiefgarage. Und was macht der Mann mit dem Zollstock da? Bei der Wohnflächenberechnung sind „Metermaß und langer Atem nötig“. Puuh. „Dabei ist es egal“, erklärt der Mann, „wie tief der Türdurchgang ist und ob überhaupt eine Tür drin ist oder nicht.“ Erika, davon war bei dir aber keine Rede!
Zähler und Nenner noch einmal auf null, zurück zu den Hamburg-Seiten, Fragen und Antworten auf 18 Seiten. Frage 1: „Was ist die Grundsteuer?“ Antwort: „Die Grundsteuer ist eine Objektsteuer, die ohne Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse und der subjektiven Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners an den Grundbesitz anknüpft.“
Drei verschiedene Arten in Hamburg
Hamburg erklärt’s! Hier gibt es übrigens nicht nur zwei verschiedene Arten, sondern drei – Grundsteuer A, B und C. Wieso, weshalb, warum, wer nicht weiß, was eine Äquivalenzzahl ist, ist dumm? „Als alleiniger Maßstab dient die physikalische Fläche, die realitätsgerecht zum Belastungsgrund die potenzielle Teilhabe abbildet.“ Alle Hoffnung liegt jetzt auf Frage 32: „Kann ich eine Fristverlängerung bekommen?“
Ist ja gut, man wird ja noch fragen dürfen. Wieder zurück zwischen den Seiten mit Erklärungsvordrucken, Anleitungen und Informationsmaterial. „Wo finde ich die benötigten Daten?“ Klick. „Wo finde ich die Angaben zum Grundstück?“ Klick. „Bitte beachten Sie hierzu die nachfolgend bereitgestellte Anleitung Geoportal: Abruf bebaute Fläche.“ Darunter ein Link zum Geoportal, dahinter ein PDF, darin ein Link zum Geoportal, dahinter eine Hamburg-Karte – komplett verlaufen.
Papierformulare schwer zu bekommen
Ein Dutzend Online-Fenster zu, ein neues wieder auf. Bitte tragen Sie ein: „Durchschnittsbestand der letzten drei Wirtschaftsjahre in Stück: Alpakas, Mastgänse, Zuchtbullen?“ Oh, das war die Anlage zum Tierbestand – Mist.
Schluss mit dem Geklicke, wo ist das Papierformular? Bekommt man nur „in den Informations- und Annahmestellen der Regionalfinanzämter“, Öffnungszeiten siehe Link. Es gibt aber noch „graue PDF-Vordrucke zum Ausfüllen am PC“ – die Nutzung ist jedoch nur „in besonders begründeten Ausnahmefällen“ gestattet. Ausnahmefall? Notfall! Ein allerletzter Klick noch, um die ausgefüllten grauen Seiten zu versenden. Ach nein, die muss man ausdrucken und per Post schicken. Ach, Erika!