Hamburg. Die Schadenfreude über gesunkene Kauferlöse hält leider nur bis zur nächsten Mieterhöhung.
Das private Mailpostfach ist nicht gerade ein Quell stimmungserhellender Neuigkeiten. Rechnungen, Newsletter, von denen man sich schon vor Monaten abmelden wollte, DHL-Benachrichtigungen, die automatisierte Erinnerung an den nächsten Zahnarzttermin. Und die Immobilienangebote, die stetig reinkleckern, sollten lieber direkt im Junk-Ordner landen: ein 600.000 Euro teuerer 60er-Jahre Bungalow für „Handwerkerfreunde“ in Niendorf (Beschreibung beginnt mit: „Ein Diamant leuchtet nur, wenn er geschliffen ist“).
Haushälfte in Meiendorf, Größe: 146 Quadratmeter, Zustand: renovierungsbedürftig, Küche: gelb, Bad: grün, Preis: zum Rotwerden (knapp 800.000 Euro). Einfamilienhaus in Eidelstedt für 660.000 Euro, das sich „einen zweiten Frühling wünscht“ und von dem es – besser ist es wohl – nur ein Foto gibt, auf dem ein Baum 90 Prozent der Ansicht verdeckt (ein herrliches Symbolbild dafür das zweite Foto, das eine halb verfallene Holzbank im verwitterten Garten zeigt).
Preise werden immer häufiger reduziert
Und doch kommen in letzter Zeit immer öfter Mails rein, die die Stimmung schlagartig heben. Um nicht zu sagen: die verdammt noch mal gute Laune machen! Da reicht allein ein Wort in der Betreffzeile: Kaufpreisreduzierung! Na, da klickt man doch endlich mal gerne drauf und liest genüsslich: „Sehr geehrte Damen und Herren, wir möchten Sie auf diesem Wege darüber informieren, dass sich die Kaufpreisforderung für das Objekt XY auf XXX Euro reduziert hat.“
Man will ja nicht schadenfroh sein, aber ganz ehrlich: Da hüpft sogar das Postfach vor Freude! Endlich kann nicht mehr jeder Hausbesitzer mit Fantasiepreisen um die Ecke kommen – und diese auch noch von verzweifelten Immobiliensuchenden einkassieren. Nach den Angaben eines großen Immobilienportals haben sich die Angebotspreise in den Metropolen wie Hamburg im zweiten Quartal dieses Jahres um 6,6 Prozent verringert.
Nachfrage nach Mietobjekten stark erhöht
Angesichts der Gesamtsumme ist das meist nur eine kosmetische Korrektur, aber ein kostbares Zeichen für Verkäufer, Makler und den Markt insgesamt. Auch wenn sich die meisten Interessenten davon immer noch nichts kaufen können. Zinsniveau, Inflation, Rohstoffkosten – wir kennen die Leier. Und welche Bank wird einen ungeschliffenen Diamanten im Herbst seines baulichen Lebens finanzieren wollen, nur weil ein völlig überteuertes Objekt jetzt nur noch überteuert ist. Aber eine gewisse Genugtuung aufseiten derer, die eben nicht vor zehn oder 20 Jahren im kauffähigen Alter waren, ist auch etwas wert.
Zumindest für den Moment. Bis die nächste E-Mail mit dem Betreff „Ein neues Immobilienangebot zur Miete für Sie“ eintrifft. Denn natürlich hat sich die Nachfrage nach Mietobjekten jetzt wieder deutlich erhöht. Laut besagtem Portal stieg sie deutschlandweit vom ersten aufs zweite Quartal um durchschnittlich 48 Prozent, in Hamburg gab es auf ein Inserat im Schnitt 68 Anfragen statt vorher 49.
Mieten werden weiter steigen
Die Konkurrenz ist also größer geworden, das Angebot selbstverständlich nicht, im Gegensatz zu den Preisen. Die sind, wie sollte es auch anders sein, für Wohnungen im Bestand (also älter als zwei Jahre) am stärksten gestiegen in: Hamburg. 12,22 Euro kostet der durchschnittliche Quadratmeter Mietwohnung jetzt, fünf Prozent mehr als in den ersten drei Monaten dieses Jahres.
Aber wir sind noch nicht am Ende der guten Laune – die Experten sind zuversichtlich, dass unsere Stadt Spitzenreiter bleibt. Für die kommenden zwölf Monate werde Hamburg mit neun Prozent bei den Bestandswohnungen und acht Prozent bei den Neubauwohnungen die höchsten Steigerungen der Angebotsmieten verzeichnen. Große Freude!
Für Käufer ist Lage weiterhin aussichtslos
Fassen wir noch einmal zusammen: Für potenzielle Käufer ist die Lage anders, aber weiter aussichtslos, für Verkäufer ist die Aussicht weniger rosig, und Mieter gucken eh seit Jahren in die Röhre, aktuell vor allem beim Anblick ihrer Indexmiete. Und selbst für Immobilienbesitzer sieht es nicht immer gut aus, zumindest wenn Anschlussfinanzierung und energetische Sanierungen in absehbarer Zeit anstehen. Am Ende sind also alle unglücklich, da hilft auch keine Schadenfreude. Höchstens ein Spam-Ordner für den gesamten Immobilienmarkt.