Das Hamburger Turnier am Rothenbaum ist für den Weltverband die Blaupause erfolgreicher Veranstaltungen. Ein gewagter Versuch.
Sonne, Spannung, Strand, Stimmung, Bier, Wurst, Crêpes oder ein Gläschen Schampus dazu – das sind gewöhnlich die wichtigsten Zutaten erfolgreicher Veranstaltungen in den Sommermonaten. Beachvolleyball vereint alle diese Zutaten. In den vergangenen sechs Jahren entwickelten sich die Turniere im Tennisstadion am Hamburger Rothenbaum zur globalen Blaupause dieser Sportart. Und wenn bis zum Sonntag wieder die weltbesten Strandspielerinnen und -spieler in der Stadt aufschlagen, schaut nicht nur der Hamburger Senat gespannt auf die von ihm mit rund 700.000 Euro Ausfallbürgschaft subventionierten Ballwechsel.
Auch der Volleyball-Weltverband FIVB hat eine größere Delegation in den Stadtteil Harvestehude geschickt, um Schlüsse aus Ablauf, Organisation, Publikums- und Sponsoreninteresse zu ziehen – wenn Beachvolleyball jetzt nach Hause kommt. Die begeisternde WM 2019 am Rothenbaum hat einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen und die FIVB ermutigt, Großes zu planen. Mit 222 angeschlossenen nationalen Verbänden ist sie eine der bedeutendsten Sportorganisationen der Welt, Volleyball wird in der Halle oder am Strand rund um den Globus gespielt. Und weil für Beachvolleyball nur zwei gute Spieler oder Spielerinnen benötigt werden, baggern, blocken und schmettern immer mehr Nationen um internationale Medaillen. Der Markt ist also vorhanden.
Erster Versuch einer Beachvolleyball-Weltserie scheiterte
Es bleibt dennoch ein ambitioniertes Unterfangen der FIVB, in unsicheren Zeiten wie diesen eine verlässliche, kontinuierliche globale Beachvolleyball-Tour mit einheitlichen Standards und angemessenen Preisgeldern neu etablieren zu wollen. Dazu gründete der Verband im vergangenen Jahr die Volleyball World mit Sitz in Lausanne (Schweiz), eine privatwirtschaftliche Agentur, die von der FIVB alle Vermarktungs- und TV-Rechte für Hallen, Beach- und Snowvolleyball erhielt. Partner der Volleyball World sind der Weltverband und das luxemburgische Finanzunternehmen CVC Capital Partner, eines der zehn größten Private-Equity-Gesellschaften der Welt.
Als Geschäftsführer konnte der 48 Jahre alte Kanadier Finn Taylor gewonnen werden, der auf eine erfolgreiche Berufskarriere beim kanadischen Entertainment-Projekt Cirque du Soleil zurückblickt. Der Job als Direktor des Beachvolleyball-Zirkus erscheint ungleich schwieriger. Taylor weiß um die Herausforderung: „Wir dürfen nicht gierig sein. Wir wissen, dass wir Zeit brauchen, um das Produkt zu entwickeln, um Sponsoren und Partner zu gewinnen, um eine weltweite Sporttour aufzubauen.“
Es ist der zweite groß angelegte Versuch, eine Beachvolleyball-Weltserie zu präsentieren. Der Österreicher Hannes Jagerhofer scheiterte im vergangenen Jahrzehnt bei diesem Versuch, obwohl ihm mit dem österreichischen Brause-Imperium Red Bull ein finanzstarker Partner zur Seite stand. Jagerhofer wollte zu schnell zu viel, wollte Beachvolleyball auf Formel-1-Niveau hieven. Ohne Titelsponsor ließ sich die Tour jedoch nicht auskömmlich finanzieren. Red Bull zog 2021 den Stecker.
Sind Fans am Rothenbaum bereit Eintritt zu zahlen?
Die Ansätze der Volleyball World sind zunächst bescheidener: kleinere Teilnehmerfelder, weniger Preisgelder, Kosten minimieren, wo es geht. Wachstum auf allen Feldern bleibt das Ziel. Investiert wird in die Sichtbarkeit. Jedes Match wird mit mehreren Kameras auf TV-Standard auf volleyballworld.tv übertragen, abrufbar für sechs Euro im Monat. Zudem werden Eintrittsgelder erhoben, für Beachvolleyball in Deutschland ein Paradigmenwechsel.
Am Rothenbaum kosten die Tickets sieben bis 46 Euro. „Wer die besten Tennisspielerinnen und -spieler sehen will, zahlt seit Jahrzehnten wie selbstverständlich Eintritt. Beachvolleyball ist eine attraktive Sportart, sie wird in Zukunft nicht anders zu finanzieren sein“, sagt Frank Mackerodt, der das Hamburger Turnier mit Partner Frank Ehrich für die Volleyball World organisiert. Bisher sind am Rothenbaum 40 Prozent der Eintrittskarten verkauft.
Gleich geblieben ist die gute Stimmung. Nirgendwo sei sie besser, sagten Spielerinnen und Spieler nach den ersten zwei Tagen. Hamburg kann eben großen Sport.