Hamburg. Kolumnist Hajo Schumacher über einen neuen Trend auf Instagram und wie Mode und Literatur dort zusammenfinden.

Endlich mal wieder am Bücherregal angehalten. Suche nach einem eindrucksvollen Werk, für die Urlaubsfotos. Der Einband muss krachen. Und Autor mit Niveau, zum Beispiel von dieser Dings ..., wie hieß sie noch gleich, also die, die neulich in der „New York Times“ gefeiert wurde? Egal.

Peinliche Nachfragen sind nicht zu befürchten, die anderen haben’s auch nicht gelesen. Aber flüchtige Instagram-Gucker merken sofort: Hier wird nicht nur dekorativ rumgelümmelt, sondern hart das Hirn trainiert. Das Essen der Welt ist durchfotografiert, die Tierwelt auch, jetzt ist die Literatur dran. Der Trend geht zum Zierbuch, nicht zu dünn, nicht zu dumm, das wie zufällig auf dem Badehandtuch drapiert jedes Sommerfoto in ein Signa­ture Picture verwandelt, das SigPic, zu Deutsch: AngeberInnen-Bild. Machen jetzt alle, Kendall Jenner zum Beispiel, Filialmitarbeiterin des Kardashian-Clans, die das „Leben eines Bücherwurms“ führe, wie eine Modezeitschrift wissen ließ.

Schumachers Woche: Der Trend geht zum Zierbuch

230 Millionen Instagram-Fans sahen die junge Frau auf Bikini-Fotos mehrfach mit Zierbuch und bekamen nebenbei einen Profitipp: unbedingt bunte Klebezettel im hinteren Teil des Werkes anbringen, als Signal: Hier wird bis zum Ende mit Bleistift markiert, falls Jürgen Habermas mal beim Shooting vorbeischaut. Makrobuch an Mikrobikini – der Booster fürs Sommerfoto. Ein Profitipp, eher für die Herren: Grillbibel auf Bierkasten genügt nicht.

Die flatterhafte Modebranche lechzt nach literarischer Sättigungsbeilage. Leselampen werden auf Laufstegen installiert, Literaten in die erste Reihe gepflanzt. Kaum hat man sich an den E-Book-Reader gewöhnt, sind Kleiderschränke zu Bücherregalen umgebaut. Wir gedenken Karl Lagerfelds imposanter Bibliothek. Wann wird Denis Scheck von Heidi Klum ersetzt?

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