Hamburg. Wer ehrlich ist und Bürger teilhaben lässt, gewinnt. Robert Habeck und Daniel Günther sind die perfekten Beispiele dafür.
Wenn in diesen Tagen des Krieges über die Kommunikation der Bundesregierung diskutiert wird, hat das viel mit der Verunsicherung zu tun, die sich im Land breitgemacht und die nicht nur mit dem Konflikt in der Ukraine zu tun hat.
Ausgelöst wurde diese Verunsicherung schon früher, vor allem durch die Klimakrise, und spätestens nach dem Beginn der Corona-Pandemie ahnte man, dass die Zeit der Sicherheiten und politischen Gewissheiten vorbei ist.
Früher ging es bei der Sprache um Sicherheit und Stabilität
Seit der Krieg mitten in Europa tobt, ist die Lage eindeutig: Wir Bürgerinnen und Bürger können von Politikerinnen und Politikern nicht mehr erwarten, dass sie endgültige Wahrheiten verkünden, oder zumindest so tun. Sie zu bekommen war jahrzehntelang unser Anspruch, und dieser Anspruch deckte sich mit der Politik in der Ära von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Wenn Merkel sich äußerte, fielen die Ansagen kurz, knapp und klar aus. Der mündige Bürger war gar nicht so sehr gefragt, es ging um Sicherheit, um Stabilität und Komfortzonen.
Mit dieser Strategie konnten alle leben, die Kanzlerin genauso wie ihr Volk. Olaf Scholz wollte sie fortsetzen, diese leicht einschläfernde politische Kommunikation, hat aber gemerkt, dass er damit nicht weiterkommt. Andere haben den Bruch mit der Sprache der Ära Merkel längst vollzogen. Allen voran Robert Habeck. Der Wirtschaftsminister und Vizekanzler versucht gar nicht mehr, den Menschen das Gefühl zu geben, er wisse und könne alles, im Gegenteil. Er sagt: Bei mir bekommt ihr auch Zweifel, Abwägungen und Überlegungen.
Habeck und Günther verwandeln die Sprache der Politiker
Mit Habeck, aber auch mit Politikern wie Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Daniel Günther wandelt sich die politische Kommunikation von passiv zu aktiv. Politikerinnen und Politiker, die glauben, auf Fragen nicht antworten zu müssen, und die versuchen, mit Floskeln durchs Leben und durch Interviews zu kommen, werden es künftig schwer haben. Das mag in der Vergangenheit funktioniert haben, in einer Zeit, in der Menschen entweder der Eindruck vermittelt wurde, dass sie sich um Politik nicht zu kümmern bräuchten, oder bei ihnen das Gefühl entstand, dass diese Politik mit ihrem Leben nichts zu tun hat.
Heute spürt jeder, wie Entscheidungen aus Berlin den eigenen Alltag prägen und verändern. Das begann mit den Lockdowns in der Pandemie und geht bis zu den kriegsbedingten Preiserhöhungen bei Gas und Öl. Das ist der neue Anspruch an politische Kommunikation.
Politiker müssen so normal sprechen, wie es nur geht
Wenn man keine Gewissheiten mehr liefern kann, dann muss man es mit Ehrlichkeit probieren und Entscheidungen nicht verkünden, sondern Bürgerinnen und Bürger offen an Entscheidungsprozessen teilhaben lassen. Nur so können sie verstehen, wie dieser oder jener Beschluss entstanden ist, nur so können sie die politische Willensbildung nachvollziehen und das Gefühl vermittelt bekommen, ein Teil derselben zu sein.
Damit das gelingt, müssen Politikerinnen und Politiker so normal sprechen, wie es nur geht. Daniel Günther hat das wie Robert Habeck vorgemacht, und damit nicht nur die Landtagswahl in Schleswig-Holstein vor einer Woche mit einem für die CDU überragenden Ergebnis von mehr als 40 Prozent gewonnen. Er ist auch der beliebteste aller 16 Ministerpräsidenten, so wie Habeck einer der beliebtesten Bundespolitiker ist. Will sagen: anders zu kommunizieren und aufzutreten hilft nicht nur der politischen Willensbildung, sondern auch der eigenen Karriere und dem eigenen Ansehen. Neudeutsch würde man sagen: eine Win-win-Situation.