Hamburg. Die Schadenfreude vergeht, wenn man sie am eigenen Körper spürt. Über ein Fußballwochenende, das kaum ein Fan vergessen wird.
Wie wusste schon Thees Uhlmann? „Tragik ist wie Liebe ohne Happy End. Doch eines ist wirklich sicher: dass die Tragik St. Pauli kennt.“ Vermutlich werden viele Fans jetzt ihre Kleiderschränke durchwühlt haben. Irgendwo muss es doch stecken, das alte schwarze T-Shirt aus dem Jahr 2003, als der Club das Kunststück schaffte und gleich zweimal in Folge abstieg. Um sich der Häme des großen Bruders zu erwehren, konnte man seinen Frust auf der Brust tragen: „St. Pauli? Ich möchte nicht darüber reden.“
Genau dieses Gefühl übermannt und überfraut die Fans in diesen Stunden wieder. Die 92. Minute im Freitagsspiel gegen Nürnberg war ein tödlicher Schuss ins hoffende Herz der Fans und regelte ein Stadion binnen einer hundertstel Sekunde herunter, als hätte der Fußball-Gott den Lautstärkeregler von ganz oben nach ganz unten geschoben – die Geschwindigkeit, in der ein Tollhaus grabesstill wird, werden Fans in Zukunft in Duman messen. Duman? So hieß der Einwechselspieler, der alle Aufstiegsträume zerschoss. Fußball ist eine Leidenschaft, die Leiden schafft.
St.-Pauli-Fan erlebt Schadenfreude am eigenen Körper
Und Fußball ist eine Lehre in Demut. Jetzt durchlebt der St.-Pauli-Fan passgenau nach, was die HSV-Fans seit dem Abstieg in die Liga 2 Saison für Saison durchleiden mussten. Einer souveränen Hinrunde folgte aus unerklärlichen Gründen der Absturz in der zweiten Saisonhälfte. Immer wieder schenkte die Mannschaft sicher geglaubte Punkte in der Nachspielzeit weg. Die Hoffnung, sie wurde jeden Spieltag im Saisonfinale sturmreifer geschossen und erstarb in totaler Enttäuschung. Ein Spiel hat 94 Minuten, lieber Sepp Herberger.
Die Schadenfreude vergeht, wenn man sie am eigenen Körper spürt. Diesen Schmerz wünscht nicht einmal der braun-weiße Ultra fortan einem Rautenträger. Von uns aus könnt ihr aufsteigen. Wenn kein Duman dazwischenkommt.