Hamburg. Der HSV gewann dreimal in Folge, St. Pauli dagegen fünfmal in Folge nicht. Unterschiedlicher könnten die Stimmungen kaum sein.
Nimmt man einzig und allein die faktische Wahrheit, also die Tabelle, als Maßstab, dann liegen zwei Spieltage vor Schluss zwischen dem HSV (4./54 Punkte, +30 Tore) und dem FC St. Pauli (5./54/+16) nicht mehr und nicht weniger als ein paar Törchen. Nimmt man aber die gefühlte Wahrheit, also diese undifferenzierte Größe namens Stimmung, dann scheinen vor den letzten beiden Partien der laufenden Zweitligasaison Welten zwischen den beiden Hamburger Clubs zu liegen.
Und nun kommt die wirkliche Überraschung: Oberflächlich betrachtet ist beim einstigen Chaosclub HSV alles drin und die Stimmung top, beim chronischen „Kult“-Club St. Pauli hat der Abstiegskampf dagegen bereits begonnen (Abendblatt-Überschrift von vor einer Woche), und die Atmosphäre wirkt so schlecht wie selten zuvor.
HSV gewann dreimal in Folge
Der 2007 verstorbene Kommunikationsforscher Paul Watzlawick hätte wohl gefragt: Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Der Sportjournalist macht es sich da einfacher und zitiert den früheren Dortmunder Meisterspieler „Adi“ Preißler: Die Wahrheit liegt aufm Platz.
Dort hat der HSV zuletzt dreimal in Folge gewonnen, St. Pauli dagegen fünfmal in Folge nicht. Ob das eine (Siege) mit dem anderen (Atmosphäre) einen kausalen Zusammenhang hat oder umgekehrt, wird man dann nach der Saison in vielen tiefgründigen Analysen lesen.
Beim HSV erscheint nichts sicher
Eine Vermutung: Die Floskel „Die Wahrheit liegt in der Mitte“ trifft es am besten. Denn: St. Pauli wird auch als mutmaßlicher Nicht-Aufsteiger eine bessere Saison gespielt haben als vorher gedacht. Dass es wohl aber keine grandiose wird, ist hausgemacht. Und der HSV? Ist – unabhängig vom Aufstieg – möglicherweise besser als das manch einer glaubt. Doch der HSV wäre nicht der HSV, wenn nach dieser Saison wieder alles durcheinandergewirbelt wird. Trainer? Vorstände? Direktoren? Und die Wahrheit? Nichts scheint beim HSV derzeit sicher.