Hamburg. Nicht erst seit Oliver Pocher und Chris Rock sind Maulschellen deplatziert. Schon Wilhelm Busch fühlte mit Abgewatschten mit.

Zack! Das hat gesessen. Bei der Verleihung der Academy Awards vorige Woche hatte Will Smith nicht nur einen Oscar gewonnen, sondern auch an Ansehen verloren, denn er hat dem Kollegen Chris Rock auf offener Bühne eine geschallert, nachdem der einen geschmacklosen Witz über dessen Ehefrau Jada Pinkett Smith gemacht hatte. Ihr Gatte hielt danach eine vor Selbstmitleid strotzende Dankesrede.

Die Polizei stand schon in den Startlöchern, ihr Einsatz konnte gerade mal so eben abmoderiert werden. Mittlerweile ist Smith aus der Academy ausgetreten, die noch Disziplinarmaßnahmen prüft. Auch Oliver Pocher musste einstecken. Der Rapper Fat Comedy verpasste ihm bei einem Boxturnier eine Ohrfeige. Seitdem befürchtet Pocher „irreparabale Schäden“ – aber dazu schreiben wir hier lieber nichts. Was ist denn bloß los? Kann man seine Opponenten nicht anders ausbremsen?

Beate Klarsfeld ohrfeigte Kurt Georg Kiesinger

Müssen es gleich Backpfeifen, Maulschellen, Watschen und wie das sonst noch alles heißt, sein? In Deutschland ist diese Art der Züchtigung gegenüber Kindern seit dem Gesetz zur Ächtung von Gewalt in der Erziehung verboten, und das schon seit mehr als 20 Jahren. Auf den Putz hauen ist okay, auf den Kopf nicht.

Die Sache hat eine unrühmliche Vorgeschichte. 1968 ohrfeigte Beate Klarsfeld Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger, um an seine Nazi-Vergangenheit zu erinnern. Und wir alle erinnern uns daran, dass Erich der Ältere 1504 von Kaiser Maximilian so abgestraft wurde, als der um das Leben von Besiegten bat. Da ist es doch kein Wunder, dass die Hamburger Frauenrockband Die Braut haut ins Auge sich schon im Jahr 2000 aufgelöst hat. Sie hatte die Zeichen der Zeit erkannt.

Auch Wilhelm Busch schrieb über Ohrfeigen

Wir haben übrigens schon viel zu lange Wilhelm Busch nicht mehr zitiert: „Hier strotzt die Backe voller Saft/Da hängt die Hand, gefüllt mit Kraft./Die Kraft, infolge der Erregung, Verwandelt sich in Schwungbewegung./Bewegung, die in schnellem Blitze/Zur Backe eilt, wird hier zur Hitze./Die Hitze aber, durch Entzündung/Der Nerven, brennt als Schmerzempfindung/Bis in den tiefsten Seelenkern,/Und dies Gefühl hat keiner gern.“