Hamburg. Beim Verkauf der letzten Aktien wird noch einmal deutlich: Der Club ist mit seiner Idee der strategischen Partner gescheitert.

Am Donnerstagmorgen um 10.03 Uhr wurde beim HSV ein Stück Geschichte geschrieben. Es war der Moment, als der Club verkündete, die letzten 0,74 Prozent seiner Anteile veräußert zu haben. Damit endet nach fast acht Jahren die Suche nach strategischen Partnern, die den HSV in eine rosige Zukunft führen sollte.

Oder wie es die Initiative HSVplus im Wahlkampf vor der Ausgliederung im Mai 2014 versprach: aufstellen für Europa. 86,9 Prozent der 9242 stimmberechtigten Mitglieder hatten sich bei der historischen Versammlung im Volksparkstadion für die HSV-Revolution entschieden. „Dieses Votum ist die Startlinie, um den Verein wieder in eine erfolgreiche Zeit zu führen“, rief der neue Aufsichtsratschef Karl Gernandt den glückseligen Mitgliedern auf der Westtribüne zu.

AMPri Handelsgesellschaft sichert sich letzte Anteile

Acht Jahre später hat sich die AMPri Handelsgesellschaft um den geschäftsführenden Gesellschafter Thomas Böhme die letzten Anteile an der HSV Fußball AG gesichert. Die satzungsgemäß zu veräußernden 24,9 Prozent sind komplett verkauft. Das Unternehmen AMPri aus Winsen an der Luhe in Niedersachsen ist dem HSV seit Jahren verbunden. Böhme hält sich im Hintergrund auf und meidet die Öffentlichkeit, seit er vor zwei Jahren die ersten Anteile kaufte. Ein verlässlicher Partner, der dem HSV grundsätzlich gut zu Gesicht steht.

In seiner persönlichen Beziehung zum HSV ist Böhme aber vor allem eines: ein Fan. Und damit reiht sich der Unternehmer ein in die gesamte Reihe der Gesellschafter, die in den vergangenen acht Jahren in den HSV investiert haben. Angefangen hatte die Suche nach strategischen Partnern mit dem Verkauf der ersten 7,5 Prozent Anteile an Klaus-Michael Kühne im Januar 2015.

Milliardär mischte sich in Trainerentscheidungen ein

Ein erfolgreicher Logistikunternehmer, der vor allem aus einem Grund als Investor einstieg: weil er Fan ist und laut eigener Aussage „ein bisschen mitgestalten“ wollte. Heraus kam eine finanzielle Abhängigkeit, in deren Zuge sich der Milliardär immer wieder in sportliche Trainer- und Managerentscheidungen einmischte und dazu beitrug, dass sich beim HSV keine personelle Kontinuität entwickeln konnte.

Nach Kühne folgten weitere Kleinaktionäre wie der Agrarunternehmer Helmut Bohnhorst (1,5 Prozent), der 2016 verstorbene Weinunternehmer Alexander Margaritoff (0,79), die Familie Burmeister (1,5) sowie AMPri (zunächst 0,68). Sie alle hatten genauso wie der heutige HSV-Vorstand Thomas Wüste­feld, der Kühne mit seinem Unternehmen CaLeJo im vergangenen November 5,07 Prozent der Anteile abkaufte, eines gemeinsam: Sie sind HSV-Fans. Oder wie Gernandt es vor sechs Jahren formulierte: „Herzblutinvestoren“.

KGaA wäre bessere Unternehmensstruktur gewesen

Mit strategischen Partnern haben alle HSV-Investoren dagegen wenig zu tun. Vorbild war im Sommer 2014 der FC Bayern München mit seinen Partnern Adidas, Allianz und Audi (jeweils 8,3 Prozent). Der HSV kopierte einfach das AG-Modell der Bayern und vergaß, dass eine KGaA die deutlich bessere Unternehmensstruktur gewesen wäre. Aber wer wollte das damals schon wissen?

Anstatt sich für Europa aufzustellen, ist der HSV in die Zweite Liga abgestiegen, stand zwischenzeitlich nah an der Zahlungsunfähigkeit und schiebt heute einen großen Schuldenberg vor sich her. Was lernen wir aus der Geschichte? Geld garantiert im Fußball eben doch keine Tore. Das musste mittlerweile auch Hertha BSC schmerzlich erfahren.

Der HSV muss eine neue Geschichte schreiben

Für den HSV geht es nun darum, aus den vergangenen acht Jahren zu lernen und eine neue Geschichte zu schreiben. Eine Geschichte ohne Versprechungen. Ohne windige Investoren oder Herzblut-Fans, die mit ihren Millionen mitreden wollen. Ohne die ständige Sehnsucht nach der erfolgreichen Vergangenheit. Der HSV muss endlich wieder verlässlich handeln und sich nicht leiten lassen von persönlichen Interessen, die in wiederkehrenden Machtkämpfen münden.

Frisches Kapital kann der HSV in seiner aktuellen Form jedenfalls nicht mehr zeichnen. Die HSV Fußball AG – das wird nach dem Ende der Anteilsverkäufe noch einmal deutlich – war vor allem ein strukturelles Missverständnis.

So sind die Anteile der HSV Fußball AG verteilt:

  • HSV e.V.: 75,10 Prozent
  • Klaus-Michael Kühne: 15,21 Prozent
  • Thomas Wüstefeld: 5,07 Prozent
  • Familie Burmeister: 1,33 Prozent
  • Familie Bohnhorst: 1,2 Prozent
  • AmPri Handelsgesellschaft: 1,41 Prozent
  • Erbengemeinschaft Margaritoff: 0,67 Prozent