Der Ex-Präsident befördert die Krise seines Nachfolgers. Bei den Zwischenwahlen in einem Jahr könnten die Republikaner erstarken.

Bald jährt sich Amerikas Tag der Schande zum ersten Mal. Am 6. Januar 2021 besetzte ein Mob, angestachelt durch eine Putsch-Rede von Präsident Donald Trump, das Heiligtum der US-Demokratie: das Kapitol. Trump ist zwar nicht mehr Chef des Weißen Hauses, aber der Geist des Trumpismus lastet weiter auf dem Land. Der Ex-Präsident elektrisiert seine unverändert große Fangemeinde. Er fördert seine politischen Freunde und versucht, seine Gegner zu vernichten. Trump, der die Mechanismen der TV-Unterhaltung kennt, hält die Spannung hoch. Er kokettiert mit einer erneuten Kandidatur 2024, rückt mit der Nachricht aber vermutlich erst spät heraus.

Was Trump jedoch mit Verve betreibt, ist die weitere Spaltung des Landes. Jedes Gesetzesvorhaben, das dem Amtsinhaber Joe Biden nutzen könnte, soll zu Fall gebracht werden. So wird dessen 1,75 Billionen Dollar schweres Klima- und Sozialpaket im Senat von allen 50 Republikanern blockiert. Da auch der konservative Demokrat Joe Manchin – ein Kohle-Befürworter – querschießt, könnte Bidens Königsprojekt scheitern. Seine Vorschusslorbeeren sind aufgebraucht. Biden hat zudem schwer zu kämpfen, da er die Pandemie nicht unter Kontrolle bekommt. Eine große Koalition aus Corona-Leugnern, Impfgegnern und Verschwörungstheoretikern – darunter viele Trumpisten – vermasselt die Bilanz.

Donald Trumps Einfluss auf die Regierung seines Nachfolgers

Trumps nächstes Etappenziel sind die Zwischenwahlen zum Kongress in knapp einem Jahr. Gelingt es den Republikanern, eine der beiden Kammern zurückzugewinnen, entsteht eine Eigendynamik gegen Biden. Für die Europäer heißt dies: Sie sollten das ihre tun, damit der Präsident Erfolg hat. Sonst könnte es sein, dass Biden nur für ein kurzes Zwischenhoch in den transatlantischen Beziehungen stand.