Hamburg. Auffrischungsimpfungen müssen rasch angeboten werden. Planungen reichen nicht. Studie bewies schon vor Wochen den Nutzen.
Die Geschichte wiederholt sich: Wie im Frühjahr sind Impftermine in Hamburg wieder heiß begehrt, aber schwer zu bekommen. Geheimtipps, wo man eine Booster-Impfung bekommen hat, machen unter Freunden und in Familien die Runde. Wer versucht, bei seinem Hausarzt einen Termin zu vereinbaren, wird teilweise bis zum März kommenden Jahres vertröstet oder ganz abgewiesen.
Die Nachfrage nach den Auffrischungsimpfungen steigt in diesen Tagen stark an, je stärker die vierte Welle wird. Viele Hamburgerinnen und Hamburger wollen sich noch vor dem Winter besser schützen. Denn die noch immer Ungeimpften lassen das Virus in der Gesellschaft heftig zirkulieren – mit der Folge, dass auch das Ansteckungsrisiko für Geimpfte steigt.
Studie zeigt: Auffrischungsimpfung sehr effektiv
Warum also sollte nicht jede und jeder sechs Monate nach der letzten Impfung eine Auffrischung bekommen können, auch wenn sie oder er noch nicht 70 Jahre alt ist, selbst wenn sich die Ständige Impfkommission (Stiko) wieder einmal sehr viel Zeit lässt, bis sie zu einer Empfehlung kommt? Genügend Impfstoff ist, anders als im Frühjahr, nach Auskunft der Behörden vorhanden.
Zwar gibt es Angebote, doch die reichen angesichts der Nachfrage noch nicht aus. Dabei hat eine Studie aus Israel, das anderen Ländern bei der Impfkampagne weit voraus ist, schon vor
Wochen gezeigt, wie effektiv die Auffrischungsimpfung ist. Sie mildert die Krankheitsverläufe deutlich und führt zu weniger Todesfällen. Auch die Zahl der Neuinfektionen ging in Israel stark zurück, seit mit den Auffrischungsimpfungen begonnen wurde.
Hamburg hält Impfzentren geschlossen
Die Behörden hatten Monate Zeit, sich darauf vorzubereiten. In Schleswig-Holstein öffnen jetzt wieder die Impfzentren, in Hamburg setzt man darauf, dass eine Reihe von Krankenhäusern und eben die niedergelassenen Ärzte es schaffen werden, all diejenigen weiter zu immunisieren, die dies wünschen.
Doch vor genau sechs Monaten, am 17. Mai, waren bereits 673.581 Hamburger geimpft. Damals hatte man Deutschlands größtes Impfzentrum in den Messehallen errichtet, um den Ansturm bewältigen zu können. Auch Laien können sich ausmalen, dass es den rund 1000 Arztpraxen in der Hansestadt, die sich an den Impfungen beteiligen, jetzt schwerfallen dürfte, alle diejenigen zu bedienen, die sich nach sechs Monaten eine Auffrischungsimpfung wünschen. Zumal sich die offenen städtischen Impfangebote nur an Personen richten, für die eine entsprechende Stiko-Empfehlung vorliegt.
Inzidenz in Hamburg erreicht Höchststand
Man hätte gehofft, dass im Hintergrund groß angelegte Planungen für den absehbaren Moment laufen, an dem diese Stiko-Empfehlung auch für die unter 70-Jährigen kommt. Anders als im Frühjahr, als der Impfstoff knapp war, ist das Problem jetzt hausgemacht. Und anders als im Frühjahr ist es nicht mehr eine Frage von Gerechtigkeit und Solidarität, zunächst den besonders gefährdeten älteren Menschen und Berufsgruppen den Vortritt zu lassen. Heute könnte man beides zugleich tun: die Älteren impfen und alle anderen, die dies möchten, ebenfalls. Die Sechsmonatsfrist als Vorbedingung würde die Priorisierung aus dem ersten Halbjahr weiterführen.
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Am Dienstag erreichte die Sieben-Tage-Inzidenz in Hamburg den höchsten Stand seit Beginn der Pandemie. Um die vierte Welle zu brechen, sollten in kürzester Zeit möglichst viele Menschen eine Booster-Impfung erhalten. Darauf haben sie laut Bundesgesundheitsministerium unabhängig vom Alter einen Anspruch. Hamburg muss diesen Anspruch einlösen, auch ohne dass die Menschen auf den guten Willen und die Verfügbarkeit ihres Hausarztes angewiesen sind. Sonst droht ein ähnlicher Frust wie im Frühjahr.