Hamburgs Altbürgermeister Klaus von Dohnanyi im Gespräch mit Matthias Iken. Heute geht es um Welthandel.

Matthias Iken: Der Bürgermeister ist für einen Einstieg des chinesischen Terminalbetreibers Cosco am Containerterminal Tollerort. Die Gespräche sind auf der Zielgeraden. Was halten Sie davon?

Klaus von Dohnanyi: Kaum ein anderer Ort in Deutschland ist so umfassend eingebunden in die Weltwirtschaft wie Hamburg und sein Hafen. Und wer in und von der Weltwirtschaft lebt, der muss sich auch auf die Bedingungen der Weltwirtschaft einlassen. Hamburg hat lange gezögert, den Hafen auch für Investitionen ausländischer Reedereien zu öffnen. Aber nun hat sich in der Pandemie gezeigt, dass Reedereien, die an Teilen eines Hafens beteiligt sind, diesen Hafen dann auch bevorzugt anlaufen. Also sollte Hamburg sich jetzt auch den Interessen der chinesischen Reederei Cosco öffnen. Der Bürgermeister hat recht!

Iken: International wächst die Skepsis gegenüber China. Gerade die Amerikaner warnen vor Abhängigkeiten ...

Dohnanyi: Die USA sind in Asien auf einem gefährlichen Weg. Sie sehen, dass die große Kulturnation China zu einem mächtigen Wettbewerber geworden ist, und wollen nun ihre Rolle als alleinige Weltmacht bewahren. Aussichtslos! Es droht, wie schon viele internationale Kommentatoren schreiben, ein neuer „Kalter Krieg“ in Asien. Manche gehen noch weiter und vergleichen die Lage mit der Situation vor dem Ersten Weltkrieg 1914, England gegen Deutschland. Auch Henry Kissinger meint, das sei ein gefährlicher Irrweg. Deutschland sollte die USA dahin auf keinen Fall begleiten!

Iken: Kritik an den Gedankenspielen kommt auch von der Gewerkschaft. Ver.di fürchtet um das Landlord-Prinzip und sieht die Reeder auf Kosten der Terminalbetreiber weiter gestärkt.

Dohnanyi: Die Stärke der Reedereien liegt doch darin, dass sie oft die Wahl haben, verschiedene Routen zu nehmen und dann auch Häfen nach ihrer Wahl anzulaufen. So etwas ist am Ende fast immer eine Kostenfrage. Hamburg kann sich diesen Gesetzen des Marktes nicht entziehen. Nur aus der Stärke im Markt kann der Hamburger Hafen am Ende Einfluss auf die Marktbedingungen nehmen. Und diese Stärke ginge doch Hamburg verloren, wenn Rotterdam für Cosco attraktiver bleibt als wir!