Die zweite Auflage des TV-Formats „Die Finals“ ist ein optimaler Olympia-Test. Künftig sollte auch Hamburg dabei sein.

70 bis 80 Prozent Regenwahrscheinlichkeit weist die Wettervorhersage für das Wochenende in Hamburg aus. Für Sportfans ist das eine gute Nachricht, denn für alle, die an mehr interessiert sind als an der bevorstehenden Fußball-EM, bieten ARD und ZDF das passende Unterhaltungsprogramm. „Die Finals“, so heißt das Format, das im Sommer 2019 in Berlin seine Premiere erlebte und damals deutsche Meisterschaften in zehn mehr oder minder randständigen Sportarten bündelte.

In diesem Jahr sind es bereits 18, die seit Donnerstag von der geballten Aufmerksamkeit profitieren – verteilt auf die Standorte Berlin (Schwimmen, Wasserspringen, Bogenschießen, Moderner Fünfkampf, Triathlon, Radsport Trial, 3x3 Basketball), Braunschweig (Leichtathletik), Balve (Reiten), Dortmund (Tischtennis, Turnen, Rhythmische Sportgymnastik, Taekwondo, Karate), Bochum (Klettern) und Duisburg (Kanu, Kanupolo, Stand-up-Paddling).

TV mit 15 Übertragungswagen und 160 Kameras am Start

140 Titel werden vergeben, das Fernsehen ist mit 15 Übertragungswagen und 160 Kameras am Start, um bis zum Sonntag mehr als 25 Stunden Liveberichterstattung und ein Vielfaches mehr über Onlinestreaming anbieten zu können. Es wirkt wie ein Warmlaufen für den Jahreshöhepunkt, die Olympischen Spiele in Tokio (23. Juli bis 8. August).

Die Idee hinter der Idee ist einleuchtend. Während der Wintersport in Deutschland dank der terminlichen Flexibilität seiner Disziplinen Wochenende für Wochenende die TV-Zuschauer mit Weltcups oder internationalen Wettkämpfen fast rund um die Uhr vor die Bildschirme lockt, fehlte dem Sommersport lange Zeit ein quotenträchtiges Format. Das liegt einerseits daran, dass schönes Wetter die Menschen ins Freie zieht anstatt aufs Sofa. Andererseits haben die Sommersportarten unterschiedliche TV-Verträge, einige sind nur gegen Extragebühren im Pay-TV oder bei den Streamingdiensten empfangbar.

Der Trend geht zur Gemeinsamkeit

„Die Finals“ sollen nun dafür sorgen, dass zumindest einmal im Jahr für ein paar Tage auch Sportarten, die ansonsten nur bei Olympischen Spielen ein paar Minuten Ruhm erhaschen, ihre Stars und Sternchen einem breiten Pu­blikum vorführen können.

Dass der Trend im Sport – das Ende der pandemiebedingten Abstandsgebote vorausgesetzt – zur Gemeinsamkeit geht, ist unübersehbar. Auch kontinental wird zusammengerückt. 2018 trugen erstmals sieben Sportarten in Glasgow und Berlin ihre Europameisterschaften zeitgleich über eine Woche aus. Die zweite Auflage der „European Championships“ ist für 2022 in München geplant, auch dort ist eine deutliche Verbreiterung des Programms avisiert.

Aufpassen müssen die Veranstalter der „Finals“ indes darauf, ihr Format wertig zu halten. Natürlich ist in diesem Jahr alles den Olympischen Spielen untergeordnet. Dass deshalb in manchen Sportarten, wie zum Beispiel beim Turnen, noch Olympiatickets vergeben werden, während bei anderen wie den Kanuten, die an diesem Wochenende in Polen auch um EM-Medaillen kämpfen, die Besten fehlen, sollte dennoch eine Ausnahme bleiben. Fatal wäre, wenn einige Disziplinen dauerhaft mit fragwürdigen Wettkämpfen an den Start gingen, nur um ihren Teil des Aufmerksamkeitskuchens nicht anderen zu überlassen.

Hamburgs Sportfans bleibt zu wünschen, dass die Active City in Zukunft ebenfalls als „Finals“-Gastgeber in Erscheinung tritt. Zwar stehen für Kernsportarten wie Leichtathletik oder Schwimmen die nötigen Wettkampfstätten nicht zur Verfügung. Aber da Dezentralisierung wie in diesem Jahr keine Ausnahme bleiben muss, sollte eine Bewerbung für andere publikumsträchtige Sportarten im Rahmen der „Finals“ in Erwägung gezogen werden. Schließlich ist nach Corona mittendrin statt nur am Fernseher dabei die schönste Alternative – auch wenn es mal regnen sollte.