Hamburgs Altbürgermeister Klaus von Dohnanyi im Gespräch mit Matthias Iken. Heute über das Gendern.
Matthias Iken: Christoph Ploß will den Behörden das Gendern verbieten – stimmen Sie dem Hamburger CDU-Chef ausnahmsweise zu?
Klaus von Dohnanyi: Warum verbieten? Wir sollten einfach entschiedener bedenken, was heute und was für morgen wirklich wichtig ist. Die deutsche Sprache hat sich über Jahrhunderte entwickelt. Wir benutzen sie ganz selbstverständlich so, wie wir sie als Kinder gelernt haben. Dass diese Sprache vielfach heute eine Welt spiegelt, die historisch überwiegend von Männern geprägt wurde, wissen wir auch. Aber ändert sich unsere Gegenwart, wenn ich mich darüber errege, dass unser Gebet mit „Vater unser“ beginnt und die Mutter auslässt? Haben wir in dieser so schwierigen Zeit wirklich nichts Wichtigeres zu tun? Hören wir doch auf die Sorgen der Menschen und nicht auf ein paar Ideologen und Ideolog*innen“.
Iken: Gendern ist nur ein Teil einer Identitätspolitik, die Aktivisten immer lautstärker einfordern. Was halten Sie davon?
Dohnanyi: Noch einmal zur Sprache: Wer, glauben Sie, weiß eigentlich, was „gendern“ bedeutet? Und wer, was „Identitätspolitik“ wirklich will? Die öffentliche Debatte wird für den größten Teil der arbeitenden Bevölkerung zunehmend unverständlicher. „Gendern“ will mit der Sprache beginnen, ich lieber mit der wirklichen Welt. Kürzlich wurde mir glaubwürdig von einer deutschen Großstadt berichtet – Hamburg ist es nicht! –, sie werde jetzt 25 Millionen Euro ausgeben, um die Sprache des Behörden-Internets „geschlechtsneutral“ (also genderkorrekt) zu säubern. Wie wär’s statt dessen mit der Sanierung einiger Schultoiletten? Schuster, bleib bei deinem Leisten: Politik soll den Menschen dienen und nicht den Winkelzügen von ein paar selbstgerechten Besserwissern.
Iken: Auch die SPD ist gespalten ...
Dohnanyi: Mag sein, ich bin es jedenfalls nicht. Ich war empört, als es vor einiger Zeit eine große Debatte darüber gab, ob wegen einiger Menschen, die ihres Geschlechtes nicht sicher seien, besondere Toiletten, also „Damen“, „Herren“ und „Ich weiß nicht“ eingerichtet werden sollten. Um Himmels (der oder auch „die“ Himmel?), lasst diese Menschen doch dort hingehen, wo sie es lieber tun. Kümmert euch um Wichtigeres. Und jetzt will angeblich eine Partei den Jugendlichen sogar schon früh die Entscheidung abnehmen, ob sie Weiblein oder Männlein sein wollen! Das sollte wohl besser doch jede und jeder selber herausfinden. Deswegen eine Bitte: Lasst solche lebensfremden „Reformer“ lieber nicht regieren!