Wie die Pandemie unser Leben nachhaltig verändert
Die Pandemie wird noch dauern, aber die von Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) vorausgesagte neue Normalität ist schon da – und sie sieht ganz anders aus, als sich die meisten von uns das vorgestellt haben. Denn: Normal ist digital, und digital ist normal, und das tut gar nicht weh. Im Gegenteil, je länger die Corona-Krise anhält, desto mehr entdeckt jeder Einzelne, was in der digitalen Welt alles geht und dass das keine Bedrohung, sondern, gerade in Zeiten wie diesen, ein Glücksfall ist.
Das beginnt bei Treffen mit Freunden über Videoplattformen, bei denen man zwar auf die Umarmung verzichten muss (und die fehlt wirklich!), aber nicht auf gute und lange Gespräche, bei denen man die anderen sehen und sich mit einem Glas Wein zuprosten kann. Ein Abend mit Menschen, die weit weg wohnen und die man sonst vielleicht einmal im Jahr gesehen hat, wird auf einmal völlig normal. Man fragt sich, warum man nicht früher auf die Idee gekommen ist? Die einfache Antwort: weil wir alle nicht wussten, wie leicht das ist und wie gut das funktioniert.
Die Angst vor der Digitalisierung schwindet
Der durch Corona ausgelöste Zwang, sich viel stärker auf das Digitale einzulassen, nimmt uns mit jeder weiteren Pandemie-Woche die Angst davor. Das merkt man am stärksten im Homeoffice, in dem sich rund ein Viertel der Arbeitnehmer in Deutschland befindet, und das nach Corona, dort, wo es geht, nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel sein wird. Die Pandemie hat gezeigt, dass die Menschen nicht dafür bezahlt werden wo, sondern wie sie arbeiten.
Die Idee, dass jeder dort seinem Beruf nachgeht, wo er oder sie das am besten kann, ist bestechend und eröffnet uns neue Möglichkeiten, Arbeit und Privates so zu verknüpfen, dass alle etwas davon haben, Familien genauso wie Unternehmen. Das wird noch deutlicher werden, wenn sich die unsägliche Kombination von Homeoffice und Homeschooling auflöst, weil die Kitas und Schulen (hoffentlich bald) wieder regulär öffnen.
Corona könnte die Landflucht bremsen
Schon jetzt verändern die Erfahrungen mit dem mobilen Arbeiten unser Leben positiv: Immobilienmakler vermelden ein gestiegenes Interesse an Häusern am Rand oder außerhalb der Metropolen. Die Menschen sehen, dass sie dort besser und vor allem günstiger leben, aber eben auch arbeiten können, dass sie sich nicht jeden Tag durch Staus in die Innenstädte quälen müssen.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass ausgerechnet Corona die Landflucht bremst, vielleicht sogar umkehrt, und damit nicht nur Probleme schafft, sondern an anderer Stelle auch welche löst. Beim Thema Geschäftsreisen wird das eindeutig so sein: So selbstverständlich und oft überflüssig sie vor der Pandemie waren, so selten werden sie danach sein. Schöne, neue, normale Welt.
Online-Tourneen als neue Normalität?
Nicht normal ist, dass jetzt mehr oder weniger seit einem Jahr die Theater geschlossen sind, dass Musiker und andere Künstler kaum auftreten können. Trotzdem ist es normal geworden, zum Beispiel Livekonzerte digital zu verfolgen, und wer sich als Musiker darauf einlässt, macht erstaunliche Erfahrungen. Es funktioniert, und wahrscheinlich werden Online-Tourneen auch zur neuen Normalität gehören.
Klar ist schon jetzt: All die, die gesagt haben, dass unser Leben nach Corona nicht mehr so sein wird wie vor Corona, hatten recht. Doch was damals nach einer düsteren Prognose klang, entpuppt sich inzwischen als eine ganz gute Nachricht. Wenn digital normal wird, wird unser Leben nämlich nicht automatisch schlechter, weil unpersönlicher oder technischer – sondern in vielen Bereichen einfacher und besser.