Hamburg. Die täglichen Corona-Zahlen sind kein Service für Statistikfans, sondern die Basis der Politik des Lockdowns. Sie müssen stimmen.
Handwerker erzählen sich gern den Witz, warum Mathematik wichtig ist: Demnach arbeitet der Tischler auf den Millimeter genau, der Zimmermann auf den Zentimeter – und der Maurer muss darauf achten, dass er auf dem richtigen Grundstück bleibt.
In Zeiten der Pandemie erinnert das Robert-Koch-Institut an diesen Maurer. Jeden Tag warten Bürger auf die jüngsten Corona-Zahlen, um daraus abzulesen, wo die Republik steht. Nur leider taugen die Zahlen wenig, weil man stets den Blick ins Kleingedruckte werfen muss. Am Mittwoch beispielsweise sank die Hamburger Sieben-Tage-Inzidenz auf unter 60.
Ein Grund zur Freude? Nicht wirklich. Denn „aus Hamburg wurden gestern keine Daten übermittelt“, heißt es auf der Webseite lapidar. Vielleicht hätte jemand im Robert-Koch-Institut mal in der Hansestadt anrufen, in der Zeitung nachschlagen oder im Internet recherchieren können? Das aber ist offenbar zu viel verlangt von der Behörde, die eine Pandemie bekämpfen soll.
Gewohnte Wochenendlücke
Wir haben uns schon daran gewöhnt, dass auch nach über einem Jahr Corona weiterhin eine Wochenendlücke die Zahlen verzerrt und nach Weihnachten über Wochen vernünftiges Datenmaterial fehlt. Nun mag das RKI auch Opfer von Gesundheitsämtern sein, die noch immer Faxe verschicken oder sich einer gemeinsamen IT verweigern – das aber kann keine Ausrede sein.
Die täglichen Corona-Zahlen sind kein Service für Statistikfans oder eine Wasserstandsmeldung für Virologen, sondern die Basis der Politik des Lockdowns: Diese Zahlen entscheiden mit darüber, wann Kinder wieder in die Schule oder Einzelhändler wieder öffnen dürfen – sie entscheiden über den Bildungserfolg und soziale Existenzen. Es ist die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, dass diese Zahlen ohne Verzögerung kommen. Und dass sie stimmen.