Hamburg. Der Arbeitsmarkt in Hamburg wandelt sich in der Pandemie – das bietet auch Chancen.
Sie kannte mehr als ein Jahrzehnt lang eigentlich nur den Weg nach unten – die Zahl der Arbeitslosen in Hamburg. Waren 2005 noch fast 100.000 Frauen und Männer offiziell ohne Job, lag ihre Zahl 2019 bei weniger als 65.000. Eine über einen vergleichsweise langen Zeitraum starke heimische Konjunktur – angetrieben von einem boomenden Welthandel – sorgten für nicht enden wollende Positivnachrichten auf dem Hamburger Arbeitsmarkt.
Damit ist es seit Corona vorbei. Innerhalb weniger Monate ist die Zahl der Erwerbslosen auf fast 83.000 gestiegen - ein Plus zum Vorjahr um nahezu 30 Prozent. Hinzu kommen mehr als 100.000 Hamburger in gut 10.000 Betrieben, die sich in Kurzarbeit befinden. Sie sitzen größtenteils beschäftigungslos zu Hause, bekommen Unterstützung vom Staat, warten auf das Ende der Pandemie.
Corona hat einen Strukturwandel in Gang gesetzt
Und danach? Niemand sollte sich der Illusion hingeben, dass nach Covid-19 auf dem Hamburger Arbeitsmarkt alles wieder so sein wird wie davor. Corona hat auch in Hamburgs Wirtschaft einen Strukturwandel in Gang gesetzt, der im Anschluss an die Pandemie nicht zum Stillstand kommen wird. Covid-19 hat Prozesse beschleunigt, die auf dem Arbeitsmarkt Verlierer und Gewinner hervorbringen werden.
Bestes Beispiel dafür ist der Einzelhandel. Jeder Geschäftsinhaber, der noch immer daran glaubt, dass er langfristig ausschließlich auf den stationären Verkauf seiner Waren setzen kann, hat aus der Corona-Krise nichts gelernt. Der Erfolg des Onlinehandels ist nicht aufzuhalten. Auch die Hamburger nutzen ihn so stark wie niemals zuvor – und nach Corona wird sich dieser Trend nicht umkehren lassen. Deshalb werden im innerstädtischen Logistikbereich immer mehr Arbeitnehmer benötigt: ob im Lager oder als Fahrer.
Gewerkschaften sind gefordert
Damit sich prekäre Beschäftigung in diesem Bereich nicht noch weiter ausbreitet, sind vor allem die Gewerkschaften gefordert, hier flächendeckend ordentliche Arbeitsverhältnisse zu erreichen. Ein schwieriges Unterfangen! Doch nicht nur mit Blick auf weniger qualifizierte Tätigkeiten hat Corona Prozesse beschleunigt. Auch bei höher und hoch qualifizierten Jobs hat Covid-19 Defizite offengelegt, die auch Hamburg als Chance begreifen muss. Es wird mehr und besser bezahltes Pflege- und Krankenhauspersonal benötigt.
Die Erforschung und Entwicklung neuer Medikamente und Impfstoffe sollte politisch viel stärker vorangetrieben werden, denn hier könnten Tausende neuer, gut bezahlter Stellen entstehen. Lehrer und Erzieher sollten nicht länger nur über pädagogisches und fachliches Wissen verfügen, sondern auch technikaffin sein und für den Unterricht der Zukunft mit der besten und zuverlässigsten Hard- und Software ausgestattet werden.
Unternehmen müssen Homeoffice fördern
Alle Unternehmen müssen zudem Homeoffice, wo immer es geht, fördern und fordern. Denn diese Form des Arbeitens bietet ökonomisch und ökologisch weitaus mehr Vor- als Nachteile – gerade für eine Metropole wie Hamburg, die schon lange unter gigantischen Pendlerströmen leidet. Die Corona-Krise hat die Arbeitswelt in Hamburg verändert. Sie hat die wichtige Luftfahrtbranche niedergestreckt, den Hafen weiter gestutzt, Gastronomen, Hoteliers und Kulturschaffende lange Zeit zum Nichtstun verdammt.
Nun müssen die richtigen Lehren gezogen werden: Jeder Unternehmer in der Stadt, der nach der Pandemie genauso weiter machen will wie vorher, wird es schwer haben, setzt seine Existenz und viele Arbeitsplätze aufs Spiel. Unternehmer, die die Krise dagegen nutzen, um sich neue, innovative Konzepte auszudenken, haben exzellente Chancen, gestärkt aus ihr hervorzugehen. Genau sie sind die Hoffnung für den Arbeitsmarkt der Zukunft in Hamburg.