Hamburg. Michael Tank,Mannschaftsarzt der deutschen Beachvolleyballer, über Sinn und Unsinn der Austragung Olympischer Spiele 2021.

Das Internationale Olympische Komitee (IOC), sein deutscher Präsident Thomas Bach und die japanische Regierung scheinen fest entschlossen, die Austragung der 2020 wegen der Covid-19-Pandemie um zwölf Monate verschobenen Olympischen Sommerspiele nun im nächsten Jahr durchziehen zu wollen. Das bekräftigten Bach und Japans neuer Ministerpräsident Yoshihide Suga in dieser Woche bei einem Treffen in Tokio.

Bach sprach sich dabei gegen eine Impfpflicht für die Athletinnen und Athleten aus. Man müsste dafür zu viele Dinge beachten, sagte er. Die Entscheidung sei letztlich eine Frage der privaten Gesundheit eines jeden. Keiner werde vom IOC zur Impfung gezwungen, „aber wir werden die Athleten nach Möglichkeit ermutigen, sich impfen zu lassen, weil es besser für ihre Gesundheit ist“.

2021 wird die Pandemie nicht besiegt sein

Da stellen sich für mich als langjährigen Mannschaftsarzt der deutschen Beachvolleyballerinnen und -volleyballer gleich mehrere Fragen. Olympische Spiele, wie ich sie viermal erleben durfte, zuletzt 2016 in Rio de Janeiro, sind der Treffpunkt der Topsportler. Die Möglichkeit, sich mit den Besten der Welt aus anderen Sportarten auszutauschen, das macht diesen Reiz, die Einzigartigkeit dieser Spiele aus und legitimiert damit den erheblichen finanziellen Aufwand.

Die Geschichten außergewöhnlicher Begegnungen, etwa in der Mensa des olympischen Dorfes, sind legendär. 2021 wird die Pandemie jedoch nicht besiegt, auch im nächsten Sommer werden nicht alle immun gegen das Virus sein. Begegnungen also mit Maske und Abstand? Für mich wäre das keine Option.

Vorbereitung der Spieler nachhaltig gestört

Olympische Spiele in einer Blase zu organisieren, wie es die Handballer bei ihrer WM im Januar in Ägypten planen, widerspricht dem Geist der Spiele – und wird nicht funktionieren. Um Abstand zu halten und um Kontakte zu minimieren, was aus ärztlicher Sicht alternativlos bleibt, müssten die Wettbewerbe entzerrt werden, die Dauer der Spiele von 16 Tagen auf etwa drei Monate verlängert werden. Das erscheint momentan unvorstellbar und unbezahlbar.

Hinzu kommt: Die Vorbereitung der Sportler ist seit dem Frühjahr nachhaltig gestört, Wettkämpfe waren, sind momentan und in absehbarer Zeit nur sporadisch möglich, die Qualifikationen sind vielfach noch nicht abgeschlossen. Ob unter diesen Konstellationen die wichtigste Sportveranstaltung der Welt überhaupt einen Sinn ergibt, müssen die Athleten für sich entscheiden – und nicht das IOC.

Impfung bleibt Experiment mit bisher ungeklärten Langzeitfolgen

Bleibt das Impfen als „Allheilmittel“, falls in den nächsten sechs Monaten genug Chargen zur Verfügung stehen sollten. Als Arzt, das ist meine persönliche Meinung, nicht die des Volleyballverbandes, kann ich meinen Sportlern derzeit nur davon abraten. Die für die nächsten Monate avisierten deutschen und US-amerikanischen Impfstoffe basieren auf genetisch verändertem Virusmaterial, das in den menschlichen Körper injiziert wird und dort, nach heutigen Erkenntnissen, eine Bildung von Antikörpern auslöst.

Es bleibt indes ein Experiment mit bisher ungeklärten Langzeitfolgen, weil ein auf Erbmaterial basierender Impfstoff bisher noch nie zugelassen und eingesetzt wurde. Gegen welche Teile des Viruseiweißes sich Antikörper bilden, an welchen anderen Strukturen im Körper diese sich noch anbinden könnten, ist nicht exakt vorhersehbar. Ob eventuell Autoimmunerkrankungen ausgelöst werden können, was theoretisch denkbar ist, auch wenn derartige Nebenwirkungen bisher nicht bekannt sind, wird vielleicht erst in zehn Jahren belastbar zu beantworten sein. Bei einem der 2009 entwickelten Impfstoffe gegen die Schweinegrippe zum Beispiel ermittelten Studien sechs Jahre später 1300 Fälle in Europa, in denen das Vakzin im Gehirn Narkolepsie, im Volksmund Schlafkrankheit, ausgelöst hatte.

Leistungssportler nicht die Zielgruppe der Impfoffensive

Bei der Abwägung von Risiko und Nutzen für Sportlerinnen und Sportler zwischen 18 und 40 Jahren rate ich meinen Athleten zum Impfverzicht: Die Chance, nach einer Sars-CoV-2-Infek­tion ernsthaft zu erkranken, das zeigen alle bisherigen Daten, ist für gesunde, gut trainierte, psychisch stabile Menschen äußerst gering; die Gefahr möglicher Folgen, insbesondere auf Leistungen im Weltspitzenniveau, ist nicht erforscht. Leistungssportler sind allerdings auch nicht die Zielgruppe der anstehenden Impfoffensive.

Für Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen wiederum kann eine Impfung sinnvoll sein, weil der Nutzen in ihren Fällen höher eingeschätzt werden darf als mögliche spätere gesundheitliche Folgeschäden.