Wenn es darum geht, Quartiere mit Millionenaufwand lebenswerter zu machen, darf es keine folgenschweren teuren Patzer geben.
Fast auf den Tag genau vor einem Jahr herrschte Volksfeststimmung in Ottensen. Kinder tollten auf eigens ausgelegten grünen Kunstrasenteppichen, spielten mit ihren Eltern Tischtennis und Tischfußball. „Für solche Projekte haben wir Jahrzehnte gekämpft“, freute sich der Spitzen-Grüne Anjes Tjarks über den Start des Verkehrsversuchs „Ottensen macht Platz“. Fünf Monate später wurden alle Sperrschilder und Pflanzkästen eilends abgebaut. Nach erfolgreichen Eilanträgen von zwei Gewerbetreibenden endete
der Versuch vorzeitig. Zurück blieben Verwerfungen im Quartier – über Monate hatten sich Befürworter und Gegner einen erbitterten Streit geliefert.
Umso wichtiger wird es nun, die richtigen Lehren zu ziehen, wenn in Hamburg autoarme Quartiere entstehen sollen. Die zentrale Erkenntnis lautet: Präzision ist wichtiger als Tempo. In Ottensen gab es handwerkliche Fehler: von der nicht ausreichenden Bürgerbeteiligung über das Hin und Her bei Details – die Durchfahrt von Taxis war zunächst untersagt, dann doch erlaubt – bis zur fehlerhaften rechtlichen Einschätzung, die am Ende in eine juristische Niederlage mündete.
Aber es war eben auch ein Versuch. Und keine Computersimulation kann das Reallabor ersetzen. Doch wenn es jetzt darum geht, mit Millionenaufwand Quartiere lebenswerter zu machen, darf es keine folgenschweren teuren Patzer geben. Natürlich wird es nicht gelingen, jeden Anwohner zu überzeugen, der erbittert darauf pocht, weiter vor der eigenen Haustür parken zu dürfen. Aber eine klare Mehrheit im Quartier sollte bereit sein, neue Wege zu gehen. Ja, dies kann dauern. Ebenso wie die Prüfung der Proteste von Gewerbetreibenden, die wie in Ottensen den Verlust von Kunden fürchten. Aber diese Zeit muss man sich nehmen.