Hamburg. Nach der Rückkehr zum Regelunterricht kommt die eigentliche Herausforderung noch. Ein paar Dinge hätten besser laufen müssen.

Zu Recht beklagen sich Eltern und Lehrer angesichts eines Starts in das neue Schuljahr, der, um es vorsichtig auszudrücken, doch recht unübersichtlich verläuft. Ungewissheit und daraus resultierende Unsicherheit der am Projekt „Rückkehr zum kompletten Regelunterricht“ Beteiligten sind ebenso nachvollziehbar wie die große Last der Verantwortung aufseiten der politisch und administrativ Verantwortlichen, in Zeiten der Pandemie mit einem dynamischen Infektionsgeschehen fortlaufend Entscheidungen auf vielfach schwacher Faktenbasis treffen zu müssen.

Ein paar Dinge hätten bei allem Verständnis für die schwierige Ausgangslage jedoch besser laufen müssen. Dass die Plexiglas-Visiere und FFP2-Masken, die Lehrer zu ihrem Schutz im Unterricht tragen können, nicht wie angekündigt am ersten Schultag in allen 372 Schulen, sondern nur in einem guten Drittel vorhanden waren, ist mehr als ärgerlich. Das hat die Lehrerinnen und Lehrer unnötig verunsichert und aufgebracht.

Dass Schulsenator Ties Rabe (SPD) die Maskenpflicht auf Fluren und in Treppenhäusern der Gebäude sowie auf Schulhöfen angeordnet hat, ist aufgrund des besseren Infektionsschutzes richtig. Dass das erst kurz vor dem Schulstart geschah, war ungünstig, weil das noch einmal schnelle Informationen und Umplanungen in den Schulen erforderte, die schon genug zu organisieren hatten.

Aber gerade das Thema Maskenpflicht wirft ein Schlaglicht auf die Grenzen politischer Entscheidbarkeit in Corona-Zeiten. Selbst Wissenschaftler – die Virologen voran – sind sich nicht einig beim Thema Mund-Nase-Bedeckung in Schulen, ändern ihre Meinung oder bleiben in ihren Ratschlägen bisweilen auch unklar. Wissenschaft basiert eben auf fortschreitender Erkenntnis, die das gerade noch für richtig Gehaltene bisweilen als falsch entlarven kann.

In diesen Zeiten sollten wir auch Politikern zugestehen, dass sie „schlauer“ werden und ihre Position verändern (müssen). Manch schrille Äußerung in diesem Zusammenhang hat in den vergangenen Tagen irritiert. Denn der Ansatz des rot-grünen Senats – wie im Übrigen der 15 anderen Landesregierungen – bleibt richtig: Die Rückkehr zu einem möglichst weitgehenden schulischen Normalbetrieb ist das Gebot der Stunde.

Die Monate des kompletten und später teilweisen schulischen Lockdowns haben gezeigt: Ein Teil der Schülerinnen und Schüler war buchstäblich abgehängt; selbst die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft räumte ein, dass die Lehrer nicht alle Schüler erreicht hätten. Zu den Lerndefiziten können mögliche Entwicklungsdefizite hinzukommen, weil etwa der Kontakt zu Gleichaltrigen stark eingeschränkt war.

Bei allen aktuellen Schwierigkeiten und Risiken des Schulbetriebs – wer in die Zukunft zu schauen versucht, der ahnt, dass die eigentliche Herausforderung erst noch kommt. Schulisches Lernen funktioniert nicht ohne physische Präsenz, ohne Begegnung und ohne direkte Kommunikation – das ist die zen­trale Lehre aus dem Corona-Lockdown. Aber wir werden uns darauf einstellen müssen, dass das Lernen nicht mehr ausschließlich in der Schule stattfindet, weil uns das Virus weiter begleiten wird.

Der sogenannte Fernunterricht, der plötzlich auf die Beine gestellt werden musste, hat erhebliche Defizite offenbart. Das war nicht überraschend. Umso dringender ist es, jetzt schnell funktionierende Konzepte zu entwickeln, Lehrer zu sensibilisieren und fortzubilden. Dazu zählt auch eine flächendeckende digitale Ausstattung. Schüler, die zu Hause keinen Laptop haben, müssen sich ein Gerät ausleihen können. Wir müssen Schule in Zukunft anders denken. Auch das ist eine Lehre aus Corona.