Hamburg. Die Grote-Affäre offenbart Widersprüche des Senats. Das Verschweigen der „Regelungslücke“ ist keine Lappalie.

Wenn man die Ungereimtheiten direkt anspricht, bemühen sie im Rathaus ein Gespenst. Ja, nicht jede Corona-Auflage in Hamburg ergebe fachlich einen klaren Sinn – es gehe um den „Geist der Rechtsverordnung“, also das übergeordnete Ziel, dass sich alle Hamburger möglichst vorsichtig verhielten. Nun aber ist nicht nur höchst zweifelhaft, ob Innensenator Andy Grote (SPD) dies getan hat. Die Affäre um seinen Umtrunk legt auch einen eklatanten Widerspruch offen, von dem bislang fast nur der Senator profitiert hat.

Denn von der Möglichkeit, sich sogar mit 30 oder mehr Menschen in einem Restaurant zu treffen, solange nur Abstand eingehalten wird, konnten die allermeisten Hamburger nichts wissen. Kein Wort davon sagten Bürgermeister und Innensenator, kein Wort stand auf der Website der Stadt. Auch ein sehr renommierter Jurist, den das Abendblatt um eine Einschätzung bat, konnte sie aus der Rechtsverordnung nicht klar herauslesen. Zwar sollte die Opposition vorsichtig dabei sein, nun auch dem Bürgermeister eine Rechtsbeugung zu unterstellen. Tatsächlich ist das Verschweigen der „Regelungslücke“ durch den Senat aber keine Lappalie.

Dafür wirft die nun bekannte Ausnahme zu viele Fragen auf. 30 anstoßende Menschen in einem geschlossenen Raum waren also in Ordnung, nur drei Personen im Freien – sogar mit Abstand – in vielen Einzelfällen nicht? Werden die Hamburger weiter über die kleinen Widersprüche hinwegsehen und sich an die Regeln halten, weil der Senat glaubwürdig für das große Ganze eintritt?

Peter Tschentscher hat sich früh entschieden, zu Grote zu halten. Ihm die Chance zu geben, Vertrauen zurückzugewinnen. Wenn der Bürgermeister am heutigen Dienstag vor die Presse tritt und sich kritische Fragen gefallen lassen wird, muss er dabei mithelfen.