Der Konzern schießt beim Umgang mit dem Auftrag aus Australien ein doppeltes PR-Eigentor.

Wie sich die Zeiten ändern: Am Montag rutschte die Siemens-Aktie ins Minus – aber nicht, weil die deutsche Industrie-Ikone einen Auftrag verloren hat, sondern weil sie wie vereinbart die Zugsignalanlage für ein Kohlebergwerk in Australien liefern will. Die Kritik daran wird immer lauter: Denn in Australien baut der indische Konzern Adani eines der größten Kohlebergwerke der Welt mit fünf Untertageminen und sechs Tagebaustätten.

Auf der langen Liste der unsinnigsten Großprojekte der Welt dürfte dieses ganz oben stehen: Es gefährdet das Klima, bedroht über die Transportwege das Great Barrier Reef und nimmt keine Rücksicht auf die Interessen indigener Völker. Über die Proteste, die sich nun gegen Siemens richten, darf sich der Konzern nicht wundern: Die Grünen kritisieren den Vorstand für seine Entscheidung, „Fridays for Future“ demons­trierte am Montag auch in Hamburg vor dem Firmengebäude. Der Konzern hat in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit ein gewaltiges Eigentor geschossen, das noch peinlicher aussieht, weil Siemens-Chef Joe Kaeser zuvor noch versucht hatte, die „Fridays for Future“-Aktivistin Luisa Neubauer mit einem Aufsichtsratsposten zu ködern.

Verantwortlich für die Buschbrände in Australien ist nicht Siemens

Und doch ist die Gemengelage etwas komplizierter: Der Konzern muss gegenüber seinen Kunden vertragstreu bleiben und die Ansprüche seiner Aktionäre im Blick behalten. Siemens wird kaum länger weltweit erfolgreich sein, wenn die Stimmung auf deutschen Straßen zur wichtigsten Frage wird.

Täuschen wir uns nicht: Auch die apokalyptischen Brände auf dem Fünften Kontinent haben die Rechtskonservativen um Premier Scott Morrison, die umweltpolitisch im 19. Jahrhundert feststecken, nicht zur Räson gerufen. Morrison gehört in den Fokus der Kritik – nicht der Hersteller der Signalanlage.