Wiederaufbau der alten Synagoge wäre ein Signal der Solidarität mit den hier lebenden Juden.
Vor genau vier Wochen hat ein bekennender Rechtsextremist und Antisemit einen Anschlag auf eine Synagoge in Halle verübt und zwei Menschen ermordet. Zweimal hat die Bürgerschaft jetzt ernsthaft und differenziert darüber debattiert, wie die Stadt auf die Herausforderung durch den Antisemitismus reagieren soll. Es herrscht große Einigkeit im Parlament, zum Beispiel den Posten eines Antisemitismusbeauftragten neu zu schaffen. Das ist gut so.
Wichtig ist es darüber hinaus, positive Akzente zu setzen, und dazu gehört auch, jüdisches Leben wieder sichtbarer in der Stadt zu machen – vorausgesetzt, es ist auch der Wunsch der jüdischen Gemeinden. Das stärkste Signal einer so verstandenen Solidarität mit den hier lebenden Juden wäre der Wiederaufbau der Bornplatz-Synagoge im Grindelviertel, die in der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 von SA-Schergen geschändet, in Brand gesetzt und letztlich zerstört wurde.
Die ersten Reaktionen auf diesen Vorschlag des Landesrabbiners Shlomo Bistritzky fielen in Parteien und Kirchen durchweg positiv aus. Doch der Bürgerschaft wäre am gestrigen Mittwoch mehr Mut zu einem klaren Bekenntnis zu wünschen gewesen. Dass ein über die Fraktionsgrenzen reichendes Votum für ein solches Projekt ausblieb, ist enttäuschend. Berlin macht es vor: Auf Initiative der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus hat sich ein überparteiliches Kuratorium gegründet, dessen Ziel der Wiederaufbau der orthodoxen Synagoge am Fraenkelufer in Kreuzberg ist.
Es entspricht vielleicht nicht so sehr der hanseatischen Mentalität, sich mit Emphase auf ein Projekt zu stürzen, das auch ein finanzielles Wagnis sein kann. Aber die Idee ist so faszinierend, dass jetzt die Chancen einer Realisierung ausgelotet werden sollten. Auch Begeisterung kann Berge versetzen.