Immer montags wollen wir an dieser Stelle auf Kritik an der Berichterstattung, auf Wünsche, Fragen und Debatten eingehen.

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Freunde des
Hamburger Abendblatts,



nachdem wir Ihnen zuletzt an dieser Stelle die lieben Kolleginnen und Kollegen vorgestellt haben, die für diese Zeitung arbeiten, gibt es jetzt hier eine neue Kolumne. Immer montags wollen wir uns mit Ihren Wünschen oder Ihrer Kritik beschäftigen. Wir wollen über die großen Leser(brief)-Debatten sprechen und Einblicke in unsere Arbeit geben, sowohl in die Art, wie wir recherchieren, als auch, wie das Abendblatt gemacht wird. Wenn Sie Anregungen haben, her damit: chefredaktion@abendblatt.de Heute geht es um die Reise von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und einer großen Hamburger Delegation nach China und Japan, die Hintergründe, Abläufe und unsere Berichterstattung.



Betriebsräte waren nicht dabei, als sich eine rund 50-köpfige Delegation am Sonntag vor einer Woche aus Hamburg nach Südostasien aufmachte. Vermutlich hätten sie auch spätestens am Dienstagnachmittag angesichts ausufernder Arbeitszeiten protestiert oder gleich gestreikt. Um gleich eines vorwegzunehmen: Mit Urlaub haben derlei Delegationsreisen nichts zu tun. Das Programm beginnt spätestens um 8 Uhr in der Früh und endet spät am Abend, mitunter erst in der Nacht. Und mit Vor- und Nachbereitungen sowie der aus der Heimat per Mail eintrudelnden Arbeit schrumpft die Nachtruhe zur Miniatur.

Trotzdem war das Interesse an der ersten Reise von Bürgermeister Peter Tschentscher nach China und Japan sehr groß – von rund 100 angeschriebenen Vertretern des öffentlichen Lebens, aus Unternehmen und Wissenschaft sagte die Hälfte zu. Mit Hansjörg Schmidt (SPD), André Trepoll (CDU) und Farid Müller (Grüne) schickten drei der sechs Bürgerschaftsfraktionen Vertreter. Auch der NDR, die „Bild“ und die „Welt“ reisten mit nach Shanghai, Osaka, Kobe und Tokio. Für das Abendblatt durfte ich in Frankfurt mit in den A380 steigen. Eine Reise in dieser Größe und vor allem in dieser Länge findet nur rund alle zwei Jahre statt.

Auch wenn anderslautende Gerüchte nicht auszurotten sind: Die Begleiter des Bürgermeisters sind Selbstzahler und geben mehrere Tausend Euro aus, um Teil der Delegation zu sein. Nicht der Steuerzahler, sondern Arbeitgeber oder sie selbst tragen die Kosten. Touristische Bedürfnisse bleiben außen vor, zu Beginn der Reise gibt es einen pflichtschuldigen Besuch im Museum oder dem Wahrzeichen, danach schließen sich ausschließlich Treffen mit Regierungs- oder Unternehmensvertretern an oder Symposien und Foren, welche die Delegationsmitglieder mitgestalten. Anfallende Transportkosten werden auf die Teilnehmer umgelegt. Nur die Hamburger Empfänge, die in den Städten der Gastgeber ausgerichtet werden, sind für die Teilnehmer kostenlos.

Die Hansestadt wiederum spendiert den Gastgebern Aufmerksamkeiten – einen wertvollen Kugelschreiber oder eine Elbphilharmonie-Miniatur. Zugleich wird auch der Bürgermeister beschenkt – in China und Japan bekam er einen großen Gong, ein Schlachtenbild oder einen riesigen Fächer geschenkt. Diese Präsente werden im Rathaus aufbewahrt; nur der Gong musste aufgrund seiner Größe im Hamburg Liaison Office in Shanghai bleiben.

Das Abendblatt ist mitgeflogen, um den Leserinnen und Lesern einen Eindruck von der Reise nach Fernost zu geben, über das Geschehen zu berichten und vor allem um die Debatte in Deutschland etwa zur Zukunft der Mobilität oder der Medizin zu befördern. Natürlich geht es auch darum zu erzählen, aus welchem Holz der Bürgermeister geschnitzt ist, der seit März 2018 die Stadt regiert. Tschentscher ist in Shanghai, Osaka oder Tokio nicht anders als in der Hansestadt, ein akribischer Arbeiter, klug, fleißig. Bis in die Nacht schreibt er an Reden oder beantwortet Mails, bei den medizinischen Themen diskutiert der langjährige UKE-Forscher intensiv mit. Zugleich neigt er nicht zu Überschwang, er absolviert das anstrengende Programm nüchtern, mitunter etwas hölzern – was ihm in Asien sicherlich nicht zum Nachteil gereicht.

Es gab Hamburger Bürgermeister, die Auslandsreisen vor allem für den Austausch und vielleicht auch zur Ablenkung genutzt haben. Diese Reise stand eindeutig im Zeichen der Arbeit – angesichts von tropischen Temperaturen von bis zu 36 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von bis zu 100 Prozent unter erschwerten Bedingungen. Ein legitimer Seitenaspekt war sicher, ein paar schöne Bilder der Tatkraft für den heraufziehenden Wahlkampf in die Heimat zu senden.

Beim nächsten Mal könnte das Programm vielleicht etwas entschlackt werden. „Das war schon anstrengend, weil es gar keine Pause gab, nicht einmal für einen Kaffee“, sagte Tschentscher am Freitag. Er war aber auch der Einzige der Delegation, der alle Termine wahrnehmen musste.