Hamburg bleibt ein attraktiver Standort für den Spitzensport. Ob sich dessen Alimentierung auszahlt, soll eine Studie zeigen.

Mit den EuroEyes Cyclassics rollt am Sonntag ein weiterer hochkarätiger Hamburger Sportsommer auf der Mönckebergstraße über die Ziellinie, der in den vergangenen Monaten wieder mehr als eine Million Menschen an die Straßen, Gewässer und auf die Tribünen lockte. Machten Spitzensportler jahrzehntelang einen Bogen um die Stadt, können heute viele das nächste Großereignis an Alster und Elbe kaum erwarten. Der emotionale Sporthöhepunkt des Jahres, die Beachvolleyball-Weltmeisterschaften im Juni/Juli am Rothenbaum, hat allerdings in Japan, dem Gastgeber der Olympischen Sommerspiele 2020, verständliche Befürchtungen ausgelöst. „Diese fantastische Atmosphäre werden wir euch im nächsten Jahr in Tokio nicht bieten können“, sagten die Spielerinnen aus dem Land der aufgehenden Sonne, lächelten verlegen, verneigten sich und verdrückten beim Abschied eine Träne.

Rainer Grünberg
Der Autor ist Chefreporter Sport beim Hamburger Abendblatt. © HA | Mark Sandten

Hamburg hat aus seiner 2015 gescheiterten Kampagne für die Sommerspiele 2024 und 2028, die nun in Paris und Los Angeles stattfinden, neue Kraft geschöpft. Mit dem Masterplan ActiveCity, der Weiterentwicklung bestehender Topsportveranstaltungen, dem Experimentieren mit neuen Formaten wie Klettern (Europa Passage) und 3 x 3-Basketball (Spielbudenplatz), der umfänglichen Sanierung und dem Neubau von Sporthallen und -plätzen verfolgt die Stadt das löbliche Konzept, ihre Bewohner zu mehr Bewegung zu animieren.

Das kann helfen, Zivilisationskrankheiten (Herz-Kreislauf-Probleme, Diabetes) vorzubeugen, Milliarden an Krankenkosten zu sparen. Sport- und Freizeitangebote sind aber längst auch Faktoren bei der Standortsuche der Un­ternehmen. Qualifiziertes Personal lässt sich nun mal eher in Städten finden, die hohe Aufenthaltsqualität, exzellente Universitäten, Kitas und Schulen bieten.

Weil heute alles mit allem zusammenhängt, sind die Millionen, die Hamburg nun seit Jahren in seine Sportveranstaltungen investiert, wahrscheinlich strategisch gut angelegt. Bilder von Athleten mit Rathaus, Hafen, Elbphilharmonie oder Alster im Hintergrund wecken Neugier, schaffen positive Imagetransfers für die Stadt, je nach Reichweite der Medien deutschland-, europa- und weltweit. Davon profitieren in einer langen Wertschöpfungskette alle: Sportler, Vereine, Verbände, Geschäftsleute, Ein- und Anwohner – die gesamte Metropolregion.

Die Diskussion, ob 3,5 Millionen Euro Steuergeld für die Beachvolleyball-WM, 725.000 Euro für das Tennisturnier am Rothenbaum oder 300.000 für das Ausdauermartyrium Ironman angemessene Formen der Unterstützung sind, wird dennoch nicht verstummen. Ob die Mittel anderweitig zielführender eingesetzt werden können, bleibt Spekulation.

Mehr qualifizierte, besser bezahlte Trainer, zusätzliche Sportlehrer, weitere Sportstunden an Grund- und weiterführenden Schulen sowie – ganz wichtig – in Kitas wären Alternativen, um Bewegung in die Stadt zu bringen, womöglich wären diese Maßnahmen nachhaltiger. Ob wirklich jede etwas bedeutendere Veranstaltung mit sechsstelligen Summen subventioniert werden sollte, ist selbst in der Sportszene strittig. Die meisten Events machen Gewinn, Beachvolleyball und Tennis waren dieses Jahr die Ausnahmen. Die Drohung, andernfalls Hamburg zu verlassen, muss die Stadt aushalten.

Hamburg hat sich als Sportstadt einen Namen gemacht, hat Sportarten wie den Triathlon aus der Nische geholt und zur weltweiten Anerkennung verholfen. Die Beachvolleyball-WM war die bisher beste aller Zeiten. Nicht die Stadt sollte den Verbänden und Agenturen Geld zahlen, umgekehrt ergibt es Sinn. Hamburg als Bühne wertet jedes Event auf, die Sportler bestätigten das jedes Jahr. Der Markt folgt dieser Logik nicht. Will Hamburg als Sport-, Kultur- und Wirtschaftsmetropole wettbewerbsfähig bleiben, muss es nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage mitspielen. Ob sich das auf Dauer lohnt, es besser wäre, einen Paradigmenwechsel bei der städtischen Alimentierung zu vollziehen, soll eine Studie belegen, die Sportsenator Andy Grote vor gut zwei Jahren in Auftrag gab. Die Ergebnisse sollen demnächst vorliegen. Wir sind gespannt.