Es muss die Angehörigen erschrecken, dass die Polizei offenbar über Jahre nachlässig mit Vermisstenfällen umging.

Es war wie in einem Kinofilm: verstaubte Kisten im Keller des Präsidiums, darin Fotos von Männern und Frauen, die seit Jahrzehnten niemand mehr lebend gesehen hat. Einfach verschwunden. Und anscheinend vergessen. Kein Treffer in der Datenbank, kein Ermittler, den der Fall noch schert.

Es muss die Angehörigen erschrecken, jetzt zu erfahren, dass die Polizei offenbar über Jahre teilweise nachlässig mit Vermisstenfällen umging. Und es braucht nun mehr, als den Berg von 350 Altfällen genau zu sichten. Zunächst gilt es, die sinnvolle Idee eines zentralen Ermittlerteams auch schnell umzusetzen. Bislang kümmern sich die regionalen Beamten für „Spezielle Kriminalität“ im LKA, was sehr konkret klingt, aber genau das Gegenteil ist.

Andere Beamte nennen die Kollegen einen „Gemischtwarenladen“ für Alltagskriminalität. Und die Ermittler dort sind ausgelastet bis überlastet. Das macht sie anfällig für die größte Falle bei der Suche nach Vermissten: nicht intensiv zu recherchieren, weil viele von ihnen ja ohnehin munter wieder auftauchen.

Wie es besser geht, hat die LKA-Führung selbst gerade beim Thema Betrug vorgemacht: Dort werden Fälle künftig gleich eingeschätzt, Anhaltspunkte auf Serien betrachtet – und daraufhin festgelegt, mit welchem Aufwand die Ermittlungen geführt werden. Bei Vermisstenfällen, wo es um Leben und Tod gehen kann, sind Beamte nach eigener Aussage oft blind dafür, mögliche Zusammenhänge zwischen mehreren Fällen zu erkennen.

Es wäre für Angehörige unvorstellbar schmerzhaft, wenn nun herauskommen würde, dass die Leichen von noch als vermisst geltenden Menschen nicht zugeordnet wurden. Der eingeleitete Prozess bei der Polizei kann aber auch ein Schritt auf dem Weg dazu sein, dass die Vermissten nie wieder vergessen werden.