Sturmwarnung für die Schönwetterkoalition: Fast im Stundentakt veröffentlichen deutsche Unternehmen derzeit Gewinnwarnungen: Besonders drastisch schraubte am Montagabend die BASF ihre Prognosen für das laufende Geschäftsjahr zurück: Die schlechte Weltwirtschaftslage und die Handelskonflikte haben den Chemiekonzern auf dem falschen Fuß erwischt. Immer tiefer in die Krise rutschen derweil auch die Autoindustrie und der Maschinenbau. Ausgerechnet die drei Kernbranchen der deutschen Wirtschaft schwächeln.

Nun ist nach einem Boom, der die deutsche Wirtschaft seit zehn Jahren treibt, ein Abschwung erst einmal nicht unbedingt dramatisch, sondern der normale Gang der Dinge in einem Wirtschaftszyklus. Und noch zeigt sich der Arbeitsmarkt robust, sodass die Folgen für die Binnenkonjunktur vorerst überschaubar bleiben könnten. Aber verlassen sollte man sich darauf nicht: Zuletzt haben mit BASF, Bayer, Siemens, der Deutschen Bank und Ford gleich mehrere Großkonzerne Stellenstreichungen angekündigt, auch Familienunternehmen wie Miele oder Vorwerk bauen Jobs ab. Die Vermutung, das deutsche Wirtschaftswunder währe ewig, dürfte sich als Illusion entpuppen.

Vieles an der Krise ist hausgemacht: Deutschlands Vorzeigebranche, die Automobilwirtschaft, hat sich im Erfolg von gestern gesonnt und das Morgen verschlafen. Die Dieselaffäre hat das „Made in Germany“ nachhaltig beschädigt. Auch die Bayer-Krise ist managementgemacht: Die Übernahme des „Glyphosat“-Konzerns Monsanto kommt Anleger und Arbeitnehmer teuer zu stehen.

Hinzu kommen Verwerfungen in der Weltpolitik. Die heraufziehenden Handelskriege und die Renationalisierung der Politik, für die Donald Trump mit seinem „America First“ längst nicht mehr das einzige Beispiel ist, treffen die Deutschen besonders stark: Hierzulande hat man in den vergangenen Jahren vor allem auf den Export gesetzt, ein Modell, das nun immer weniger funktioniert.

Zu allem Überfluss sind es aber nicht nur die böse Konjunktur, die unübersichtliche Weltlage und unternehmerische Fehlentscheidungen, die den Krisencocktail zu einem gefährlichen Gemisch machen. Hinzu kommt eine Bundesregierung, die den Boom für gottgegeben hält und das Risiko vergrößert. Olaf Scholz (SPD) nannte den CDU-Senat in Hamburg einst den wirtschaftsfeindlichsten seit dem Krieg. Leider gilt für die Bundesregierung dasselbe Urteil.

Die letzten Großreformen, die die Wirtschaft belebt haben, gehen auf die rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder zurück. Die Große Koalition unter Angela Merkel und Peer Steinbrück setzte diesen Weg noch fort – seit zehn Jahren ist es damit vorbei. Seitdem hat die Regierung den Standort peu à peu verschlechtert: durch eine chaotische Energiewende mit explodierenden Strompreisen, durch eine teure Sozialpolitik etwa mit der Rente ab 63 oder durch unzureichende Investitionen in die Infrastruktur. Deutschland, vor Kurzem noch Wachstumsmotor in Europa, ist träge und lahm geworden. In der Ministerriege ist Wirtschaftsexpertise ein Orchideenfach – Unternehmer oder Gewerkschafter sucht man vergeblich. Svenja Schulze hat als Unternehmensberaterin im öffentlichen Sektor gearbeitet, Jens Spahn eine Banklehre absolviert, Olaf Scholz war kurze Zeit als Anwalt selbstständig, Ursula von der Leyen als Ärztin, und Anja Karliczek leitete ein Hotel im Teutoburger Wald. Da bringt mancher Malermeister mehr Expertise mit.

Man darf den Politikern ihren Lebenslauf nicht vorwerfen. Man darf die Kanzlerin aber fragen, ob dieses Kabinett in der Lage ist, ein Land erfolgreich durch eine Wirtschaftskrise zu führen.