Der Frauenfußball beklagt ungerechte Bezahlung und fehlende Wertschätzung. Im Vergleich geht es ihm allerdings sehr gut.

Es wird sie immer geben, die Nörgler, die Frauen gern beim Turnen, Schwimmen oder Beachvolleyball zusehen, aber Ausschlag bekommen, wenn sie nur das Wort Frauenfußball hören. Nun darf selbstredend jeder Mensch für sich entscheiden, welchen Sport er unterstützen und welchen er ablehnen möchte. Zweifellos aber ist das, was derzeit bei der WM in Frankreich geboten wird, guter Sport auf ansehnlichem Niveau; ein 13:0-Sieg wie der der USA über Thailand ist die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Und ebenso zweifelsfrei verdienen es die deutschen Fußballerinnen, dass ihre Künste in ARD und ZDF einer breiten Öffentlichkeit dargeboten werden.

Björn Jensen ist Redakteur im Sportressort, schreibt normalerweise aber nicht über Fußball.
Björn Jensen ist Redakteur im Sportressort, schreibt normalerweise aber nicht über Fußball. © HA | Marcelo Hernandez

Verstörend an der Diskussion um den Umgang mit dem Thema sind andere Dinge. Da wäre zum einen die Werbekampagne, in der sich die kickenden Botschafterinnen des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) als unbekannte Wesen darstellen, die um Akzeptanz und Anerkennung hart kämpfen müssen. Im Zuge dieser Kampagne wurde auch die ewige Debatte um geschlechtergerechte Bezahlung aufgewärmt. Mit der Konsequenz, dass manch einem die 65.000-Euro-Rekordprämie, die jede Spielerin für einen Titelgewinn kassieren würde, deutlich zu niedrig erscheint.

Das alles mag im Vergleich zum Männerfußball stimmen. Hätte Deutschland 2018 in Russland seinen WM-Titel erfolgreich verteidigt, wären jedem Akteur 350.000 Euro überwiesen worden. Und natürlich sind Gesichter und Namen der deutschen Fußballhelden jedem Fan geläufig, während sich wahrscheinlich noch immer die meisten Stadionbesucher schwer damit tun würden, elf aktuelle WM-Spielerinnen zu benennen.

Dennoch ist derartige Larmoyanz absolut nicht angebracht. Vielmehr sollten die DFB-Frauen glücklich sein, im Sog des in Deutschland alles überrollenden Männerfußballs mitschwimmen zu können. Während ihre Länderspiele auch außerhalb großer Turniere im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gezeigt werden, haben es die meisten anderen olympischen Teamsportarten ungleich schwerer. Der Bekanntheitsgrad deutscher Handballerinnen, Basketballerinnen, Volleyballerinnen, Hockeyspielerinnen liegt deutlich unter dem ihrer kickenden Kolleginnen, weil sie in Spartensendern wie Sport 1 oder Eurosport, meist aber in Internet-Livestreams verschwinden. WM-Prämien gibt es im Frauensport außerhalb des Fußballs kaum. Und selbst die deutschen Handballmänner hätten für einen Triumph bei der Heim-WM „nur“ 28.000 Euro pro Spieler kassiert. Ein Olympiasieg ist dem Deutschen Olympischen Sportbund 20.000 Euro Prämie wert. Wer sich da ernsthaft über 65.000 Euro beklagt, gehört mit USA gegen Thailand in Dauerschleife bestraft.

ARD und ZDF könnten diese Dauerschleife liefern, und da sind wir beim zweiten Teil des Problems. Es ist schlicht nicht zu erklären, warum es zum Bildungsauftrag gebührenfinanzierter Sender gehören soll, ein Frauenfußballspiel zwischen Nigeria und Südkorea live zu übertragen, aber weite Teile des olympischen Sports auszublenden. 2018 haben wir alle das Olympiasilber der deutschen Eishockeymänner gefeiert. Ein Jahr später lief deren WM wieder nur bei Sport 1. Ist halt Fußball, da ist das Publikumsinteresse, ergo: die Quoten, deutlich höher als bei anderen Sportarten, lautet die lapidare Begründung. Aber das ist Unfug.

Zwölf Millionen Menschen schauten bei der Handball-WM im Januar das Halbfinale der deutschen Männer. WM-Spiele ohne deutsche Beteiligung hatten ARD und ZDF dennoch nicht im Angebot. Eishockey, Volleyball, Hockey? Findet gar nicht erst statt. Dass es dafür einen Markt gäbe, der größer ist als beim Frauenfußball, zeigt ein Blick auf die Besucherzahlen in den jeweiligen Eliteligen in der abgelaufenen Saison. 6419 Fans besuchten im Schnitt die Spiele in der Deutschen Eishockey-Liga, 4807 die der Handball-Bundesliga. Selbst die Handballfrauen hatten 855 Besucher im Schnitt. Und die Frauenfußball-Bundesliga? Lag bei 833.

Es ist schön, dass die Fußballfrauen aktuell so viel Beachtung finden, sowohl monetär als auch medial. Noch schöner wäre es, wenn das endlich auch für all die anderen Sportarten gelten würde, die es mindestens genauso verdienen.