Der Senat und der Naturschutzbund haben sich über den Erhalt von Grünflächen geeinigt. Alle Konflikte schafft das nicht aus der Welt.

Es ist ja fast zu schön, um wahr zu sein. Seit Jahren, um nicht zu sagen: Jahrzehnten, gibt es in Hamburg wie in anderen wachsenden Metropolen auch den zum Teil erbittert geführten und häufig vor Gerichten ausgetragenen Streit zwischen Naturschützern und stadtplanenden Politikern, die auch vor Neubauten auf der grünen Wiese nicht zurückschrecken. Und nun das: Wie mit einem rot-grünen Zauberstab berührt, verwandelt sich einer der Hauptkonflikte urbanen Zusammenlebens in Zeiten des Bevölkerungswachstums anscheinend in bestes Einvernehmen.

Die jetzt ausgehandelte Vereinbarung zwischen dem Naturschutzbund Hamburg (Nabu) und der rot-grünen Senatskoalition im Hamburger Rathaus sieht vor, den Grünanteil an der Gesamtfläche der Stadt nicht nur zu erhalten, sondern leicht zu steigern. Im Gegenzug verzichtet der Nabu auf seine Volksinitiative „Hamburgs Grün erhalten“, vor der sich manche Koalitionspolitiker durchaus fürchteten. Auf der anderen Seite will der Senat an seinem ambitionierten Wohnungsbauprogramm mit 10.000 Baugenehmigungen pro Jahr festhalten. Das wirkt auf den ersten Blick wie die Quadratur des Kreises, zumal das Flächenreservoir des Stadtstaats endlich ist. Kann das also funktionieren?

Der Senat legt ein ökologisches Bekenntnis ab

Eins ist schon jetzt klar: Der Druck auf die bereits dicht bebauten Quartiere wird weiterwachsen. Vor allem hier, wo Flächen schon in starkem Maße versiegelt sind, will der Senat den Wohnungsbedarf kommender Jahre decken. Die Schließung von Baulücken und Gebäudeaufstockungen sind sicherlich möglich. Zugleich nimmt aber der Bedarf der bereits in den urbanen Zentren lebenden Menschen nach Erholung im Wohnumfeld eher zu. Hier drohen neue Konflikte, und der Senat wird es in Zukunft schwerer haben, Wünsche nach Grünflächen zwischen Häuserschluchten abzulehnen.

Trotzdem ist der Kurs, den die Einigung zwischen Naturschützern und Rot-Grün im Rathaus vorgibt, grundsätzlich richtig: möglichst keine weitere Zersiedelung der ja in weiten Teilen nach wie vor grünen Stadt. Einmal mehr legt dieser Senat ein ökologisches Bekenntnis ab, an dem er sich künftig wird messen lassen müssen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die für das Wohnungsbauprogramm verantwortliche Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) in Zukunft noch härter um jede Baufläche wird ringen müssen.

Naturschützer und Senat werden künftig gemeinsam Lösungen suchen

Der Wert der Vereinbarung liegt in den sehr detailliert beschriebenen Mechanismen, die greifen sollen, wenn der Senat doch einmal eine Fläche in einem Landschaftsschutzgebiet oder im Biotopverbund bebauen will. Die Ausgleichsflächen in gleicher Größe und Qualität innerhalb des Stadtgebiets müssen verbindlich nachgewiesen werden.

Politisch-handwerklich ist der eingeschlagene Weg überzeugend. Die Vereinbarung mit dem Nabu bedeutet zwar nicht das Ende aller Nutzungskonflikte um das wertvolle Gut Fläche in der Stadt. Aber die Einigung nimmt einen wichtigen Akteur aufseiten des Naturschutzes in die Verantwortung. Bei größeren Streitfällen werden beide Seiten wohl künftig gemeinsam nach Lösungen und Auswegen suchen (müssen).

Dieses Modell der Einbindung relevanter gesellschaftlicher Gruppen und ihrer Interessen in politisches Handeln ist nicht nur unter dem Gesichtspunkt gelebter Demokratie richtig, es hat in Hamburg auch schon funktioniert. Als es 2015/2016 darum ging, in kurzer Zeit eine große Zahl von Unterkünften für Flüchtlinge zu schaffen, einigte sich Rot-Grün mit der damaligen Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“ auf ein Verfahren, das in zahlreichen Bürgerverträgen festgeschrieben und auch weitgehend umgesetzt wurde.