Immer öfter werden Sportdirektoren wegen Fehlern bei der Kaderplanung entlassen. Eine qualifizierte Ausbildung könnte helfen.

Fußball ist ein einfaches Spiel. 22 Spieler rennen einem Ball hinterher, und am Ende ist immer der Trainer schuld. Gary Lineker hat das im Original zwar etwas anders gesagt („Am Ende gewinnen immer die Deutschen“), aber dass die Trainer immer die Sündenböcke sind, galt schon zu Zeiten des englischen Stürmers in den 80er-Jahren. In Wirtschaftsunternehmen ist das ähnlich. Der Schwarze Peter wird immer dann den Managern zugeschoben, wenn es schlecht läuft. Auch deswegen bieten Firmen wie etwa die MindVisory GmbH aus Hamburg immer häufiger Seminare für Führungskräfte an, in denen es um die Schuldfrage geht. Eigenverantwortung heißt das Stichwort. Schluss mit „Schuld hat immer der Manager“.

Im deutschen Fußballgeschäft freilich galt lange ein anderes Gesetz: Kommt die Krise, geht der Coach. „Die Macht der Manager – bei Misserfolg fliegt der Trainer“, titelte der „Stern“ noch im Februar 2012.

Doch inzwischen haben sich diese Machtverhältnisse verschoben. Bei Misserfolg fliegt der Manager, lautet das neue Motto in der Ersten und Zweiten Liga. Allein in dieser Woche erhielten mit Hannovers Horst Heldt und St. Paulis Uwe Stöver zwei Sportdirektoren ihre Kündigungspapiere. Und sie sind bei Weitem nicht die ersten in dieser Saison.

In der Bundesliga stehen gerade einmal sechs Trainerwechsel schon fünf gefeuerten Managern gegenüber. Michael Reschke musste in Stuttgart gehen, Christian Heidel auf Schalke, Andreas Bornemann in Nürnberg. Starke Führungskräfte, denen am Ende jeweils Fehler in der Kaderplanung zum Verhängnis wurden.

Doch woher kommt dieser Wandel der Sündenböcke? Zum einen wird in der Bundesliga in Zeiten des wachsenden Transferwahnsinns immer häufiger ganz genau hingeschaut, wer für die Qualität eines Kaders verantwortlich ist. Und dabei machen die Vereinsbosse immer häufiger auch die Kaderplaner, also die Manager, verantwortlich. Immer häufiger verpufft der übliche Effekt des Trainerwechsels, weil die Kader einfach falsch zusammengestellt werden. Und in den größten Krisen muss im Fußball – anders als in modernen und auf Eigenverantwortung ausgerichteten Start-up-Unternehmen – eben immer noch ein Schuldiger her. Und das ist in der Bundesliga immer öfter auch der Manager.

In der Zweiten Liga sieht die Lage noch etwas anders aus. Neben St. Pauli hat nur der FC Ingolstadt seinen Sportdirektor in dieser Saison entlassen, das aber gleich zweimal. 13 Trainer mussten dagegen schon gehen – rekordverdächtig. Natürlich war auch der HSV dabei. „Der Trainer ist am Ende immer schuld. Damit muss man lernen umzugehen“, sagte der aktuelle HSV-Coach Hannes Wolf kürzlich. Und erlebte die Wahrheit seiner Worte nach der Niederlage gegen Magdeburg in Extremform.

Beim HSV gelten seit Jahren ohnehin eigene Gesetze. Da fliegen im stetigen Wechsel mal die Trainer, mal die Manager, mal die Vorstände und auch mal die Trinkflaschen. Seit Neuestem sprechen die Manager beim HSV ihrem Trainer saisonübergreifende Jobgarantien aus. Weil sie wissen, dass sie bei Misserfolg gleich selbst fliegen?

Viele Vereine verändern auch deshalb ihre Managerstrukturen. Die Zeit der großen Alphatiere à la Calmund, Assauer oder Hoeneß ist auf Sportchefebene vorbei. Die wachsenden Aufgaben werden zunehmend auf mehrere Schultern verteilt. So wie bei Borussia Dortmund mit Sportvorstand Michael Zorc, Sportdirektor Sebastian Kehl und dem externen sportlichen Berater Matthias Sammer. HSV-Sportvorstand Ralf Becker holte sich gerade mit Michael Mutzel einen zusätzlichen Sportdirektor dazu. Thomas Hitzlsperger macht dasselbe mit Sven Mislintat beim VfB Stuttgart.

Dass die Clubs häufiger ihren Manager wechseln, hat auch damit zu tun, dass die Trainerausbildung immer professioneller wird, während es Sportchef-Lehrgänge gar nicht gibt. Es wäre ein erster Schritt, die Manager für dieses einfache Spiel besser zu qualifizieren, ehe man sie zu den Schuldigen erklärt.