Der scheidende Geschäftsführer Andreas Rettig wird kaum gleichwertig zu ersetzen sein.

Sein Faible für Pointen bewies An­dreas Rettig am Dienstag auch bei einem ziemlich ernsten Thema, nämlich seinem eigenen Rückzug vom FC St. Pauli. „50 + 1 private Gründe“ gebe es dafür, wieder in seine Wahlheimat Köln zu ziehen, sagte der Geschäftsführer des Millerntor-Clubs, der seit Jahren so vehement für den Erhalt der 50+1-Regel und damit gegen die Mehrheitsübernahme von externen Investoren in den deutschen Proficlubs kämpft.

Der Autor ist St.-Pauli-Reporter beim Abendblatt
Der Autor ist St.-Pauli-Reporter beim Abendblatt © HA | Klaus Bodig

Der FC St. Pauli verliert in Rettig aber längst nicht nur einen starken Rhetoriker, sondern eine bestens vernetzte Persönlichkeit des deutschen Profifußballs, die sich nicht scheut, sich mit den ganz Großen der Branche anzulegen, wenn es darum geht, die Interessen der kleineren Clubs zu vertreten. Rettig sorgte mit seinen offensiven Statements und Initiativen dafür, dass der Stadtteilclub bundesweit immer wieder im Gespräch war – weit über seine sportliche Bedeutung hinaus. Dass er zudem als Inhaber der Fußballlehrerlizenz auch noch eine sportliche Kompetenz besaß, war sicherlich ein Bonus.

Ein gleichwertiger Ersatz für Andreas Rettig?

Wer immer Nachfolger Rettigs wird, sollte sich davon frei machen, ein in jeder Hinsicht gleichwertiger Ersatz sein zu wollen. Der Posten des kaufmännischen Geschäftsleiters eines Fußball-Proficlubs erfordert in erster Linie betriebswirtschaftliche Kompetenz in einer hitzigen, von kurzfristigen Schwankungen und Zufällen geprägten Branche.

Dazu kommt die soziale Fähigkeit, einen mittelständischen Betrieb mit inzwischen mehr als 100 Mitarbeitern zu führen und sich gleichzeitig mit den rund 27.000 teils sehr engagierten und meinungsstarken Vereinsmitgliedern zu arrangieren. Manch einer im Verein, der mit Andreas Rettig nicht so gut klarkam, mag aufatmen. Wie groß der Verlust wirklich ist, wird sich aber zeigen, wenn er nicht mehr da ist.