Der Verkauf des Grundstücks in Stellingen offenbart das Dilemma des Senats.

Auf den ersten Blick möchte man der Stadt gratulieren. Ein Grundstück, das auf 13,5 Millionen Euro taxiert war, für 40 Millionen Euro an einen privaten Investor zu verkaufen, klingt nach einem famosen Geschäft. Zumal es weder in Nienstedten noch in Harvestehude liegt, sondern in Stellingen, einem Stadtteil, der noch nicht für völlig überzogene Bodenpreise steht.

Aber es gibt eben auch die andere Sicht: Ein Investor, der einen extrem hohen Preis für ein Grundstück zahlt, kann dort kaum die günstigen Wohnungen bauen, die Hamburg so dringend braucht. Genau deshalb setzt der Senat auf die sogenannte Konzeptausschreibung. Ausschlaggebend soll nicht mehr allein der Preis sein, sondern das Gesamtkonzept: Wie hoch ist der Anteil der geförderten Wohnungen? Werden besondere Wohnformen – etwa für Menschen mit einer Behinderung – geschaffen? Wie anspruchsvoll ist die Architektur? Wie hoch sind die energetischen Standards? Für all diese Faktoren gibt es Punkte, um das Verfahren, so gut es geht, zu objektivieren. Aber nicht nur in Stellingen vergab die Stadt das Grundstück dennoch an den Höchstbietenden – und nicht an Interessenten mit dem besten Konzept.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass der Mehrerlös von 26,5 Millionen Euro eben nicht in die Taschen von Investoren oder Aktionären fließt, sondern an die Stadt. Und angesichts von sanierungsbedürftigen Schulen, maroden Straßen oder horrenden Verlusten durch das HSH-Nordbank-Debakel muss die Frage erlaubt sein, ob die Stadt eine solche Offerte einfach ausschlagen darf, zumal der städtische Wohnungskonzern Saga gleich nebenan preiswerte Wohnungen bauen wird.

Am Ende zeigt das Dilemma zwischen Konzept und Geschäft einmal mehr, warum die zuständige Senatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) einen so schwierigen Job hat: In einer Stadt, wo nach jedem Quadratmeter bebaubaren Grund gefahndet wird, sollen jedes Jahr 10.000 Wohnungen entstehen. Möglichst günstig, möglichst architektonisch wertvoll, möglichst energetisch optimiert, gern mit einer Kita. Und all dies natürlich im besten Einvernehmen mit Anwohnern. Dabei stoßen selbst Genossenschaften und Saga, die für Gemeinnützigkeit statt Rendite stehen, inzwischen bei fast jedem Neubauprojekt auf massiven Widerstand.

Eine Stadtentwicklung, die alle Interessen versöhnt, kann es unter diesen Voraussetzungen nicht geben. Beispiel Erbbaurecht: Der Senat will städtische Grundstücke möglichst nicht mehr verkaufen, sondern verpachten. Damit soll verhindert werden, dass Investoren ein paar Jahre nach dem Kauf den großen Reibach machen, indem sie das Areal wieder veräußern. Zudem behält die Stadt den Zugriff auf die Fläche – eine Art Generationenvertrag für Hamburg. Und doch birgt das Erbbaurecht eine große Gefahr: Welcher Investor, der mit nahendem Ablauf der Erbpacht um eine Verlängerung bangen muss, steckt noch Geld in gebotene Sanierungen der Wohnungen?

Zum Glück hat der Senat neben Konzeptausschreibungen und Erbpacht weitere Instrumente in der Wohnungspolitik: Von sozialen Erhaltungsverordnungen in festgelegten Quartieren, die Luxussanierungen untersagen, bis zum Vorkaufsrecht, mit dem die Stadt – wie in der jüngeren Vergangenheit mehrfach praktiziert – eine Immobilie erwerben kann, falls der neue Investor über Modernisierungen drastische Mieterhöhungen plant. Wie lebenswert Hamburg in den nächsten Jahren bleiben wird, wird entscheidend davon abhängen, wie gut diese Instrumente eingesetzt werden.