Heute beginnt die Rückrunde in der Fußball-Bundesliga: Gelingt den Bayern die Aufholjagd gegen Dortmund?
Es gibt so einige Dinge in der Fußball-Bundesliga, die nerven. Zum Beispiel die vorübergehende Abwesenheit des HSV und des FC St. Pauli. Darum geht’s hier aber nicht, sondern um eine weit verbreitete destruktive Ausrichtung der Teams. In Ermangelung offensiver Qualität konzentrierten sich immer mehr Mannschaften ausschließlich darauf, das Spiel des Gegners zu unterbinden. Unansehnliche, langweilige Abnutzungskämpfe bekamen die Zuschauer in immer mehr Bundesliga-Stadien serviert. Zerstören statt Kreieren lautete das Motto. Modern formuliert nannte sich das „gegen den Ball arbeiten“.
Auch Joachim Löw benutzte diese Formulierung, als er unter der Woche beim Neujahrsempfang der Deutschen Fußball-Liga (DFL) über die Entwicklung der Liga dozierte. Nur teilweise sei neuer Mut zur Offensive zu verzeichnen, die Arbeit gegen den Ball genieße bei einigen Teams weiter Priorität.
Schaut man sich jedoch vor dem Rückrundenstart der Liga mit der Partie Hoffenheim gegen Bayern am heutigen Freitag (20.30 Uhr/ZDF) die bisherige Torquote an, so liefert diese immerhin einen Hinweis auf Besserung. 3,04 Tore pro Spiel bedeuten den zweithöchsten Wert der vergangenen 30 Jahre und den besten aller europäischen Topligen, hat Sportdatenanbieter Opta ausgerechnet. Ebenfalls positiv: 341 der 465 Treffer fielen aus dem Spiel heraus. Nur zweimal waren es in diesem Jahrhundert mehr: 2003/04 und 2004/05. „Sowohl in der Bundesliga als auch in der Zweiten Liga erleben wir interessante, teils sehr gute Spiele mit teilweise überragenden Einzelakteuren und beeindruckenden Mannschaftsleistungen“, lobt DFL-Chef Christian Seifert.
Auch wenn dies etwas marktschreierisch klingen mag: Borussia Dortmund dient Seifert als bester Beleg. Wer freut sich nicht darüber (außer den Bayern-Fans), dass der BVB, der mit seinem verjüngten Team den schönsten Fußball und den größten Torhunger (44) gezeigt hat, auf Platz eins thront? Sechs Punkte Vorsprung auf München sind nicht viel, allerdings spricht die Statistik gegen den Rekordmeister. Noch nie in der Bundesliga-Geschichte holten die Bayern, die sich in der heimischen Arena gegen Augsburg, Freiburg und Düsseldorf Punktverluste leisteten, zu diesem Zeitpunkt einen solchen Rückstand auf. Für das Produkt Bundesliga ist der offene Meisterschaftskampf Gold wert – nicht nur für die lange entwöhnten Fans, sondern auch für die Vermarktung weltweit, zum Beispiel in China, wo die DFL eine Repräsentanz eröffnet.
Im globalen Wettbewerb braucht es natürlich nicht nur Spannung, sondern auch Erfolge. Wie es international um die Stärke der Bundesligaclubs bestellt ist, wird sich bereits in den kommenden Wochen zeigen, wenn in der Champions League die deutsch-englischen Duelle anstehen: Bayern, Dortmund und Schalke treffen im Achtelfinale auf Liverpool, Tottenham und Manchester City. Ein Erfolg der Bundesligisten wäre ein „gutes Signal für den deutschen Fußball“, hofft Löw. Genauso wie ein Weiterkommen von Frankfurt (gegen Donezk) und Leverkusen (gegen Krasnodar) in der Europa League.
Doch zugleich bewegt sich die Liga im Spannungsfeld nationaler Interessen. Die Bundesliga wird von den Deutschen geliebt, wie sie ist. Angesichts der Überlegungen, internationale Wettbewerbe am Wochenende stattfinden zu lassen, um immer mehr Geld generieren zu können, war es notwendig, dass sich Seifert klar dagegen positionierte.
Die Geduld der Menschen ist groß, aber nicht unendlich, auch was die Auswüchse des Fußballs betrifft. „Es ist doch ein völliger Wahnsinn, welche Gehälter teilweise bezahlt werden“, sagte Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp diese Woche. Immer mehr Wettbewerbe wie die Europa League 2, die Nations League oder die Aufstockung der WM – das sei „schlimm, um nicht zu sagen furchtbar“. Volltreffer.