Die Digitalisierung der Vereine ist alternativlos, sie öffnet ihnen aber auch riesige Vermarktungschancen.
Die Zukunft des Vereinssports ist – digital. Die Alexander-Otto-Sportstiftung hat mit der TSG Bergedorf und der von der Hamburger Hockey-Nationalspielerin Janne Müller-Wieland (Uhlenhorster HC) gegründeten Innovationsplattform Futury jetzt ein Konzept für den Sportclub von morgen entworfen, das ab sofort umsetzbar ist. Als analoges Ergebnis der Zusammenarbeit entstand ein klar strukturiertes, 60 Seiten starkes Handbuch, das anschaulich den Weg in die digitale Vereinswelt weist, Fragen aufwirft und beantwortet, Ängste vor Veränderungen abbaut.
„Abschauen ist ausdrücklich erwünscht!“, schreibt Alexander Otto in seinem Vorwort. 70.000 Euro kostete das Projekt, die Stiftung und der Club teilten sich die Ausgaben. Drei Hamburger Topsportvereine hatten sich um die Teilnahme beworben, die TSG Bergedorf von 1860 mit ihren rund 11.000 Mitgliedern erhielt vor einem halben Jahr den Zuschlag.
Digitalisierung: Die Towers machen es vor
In der Welt der Bits und Bytes herrscht – trotz mancher Funklöcher hierzulande – ein derart hohes (Innovations-)Tempo, dass die Zukunft oft von der Gegenwart überholt wird. Waren den Bergedorfern – dank Vorsprung durch Technik und Ideen – eine Vorreiterrolle bei der Digitalisierung zugedacht, könnte diese nun ein weit kleinerer Club übernehmen. Der Towers e. V., der vor drei Jahre gegründete Breitensportverein des Wilhelmsburger Basketball-Zweitligisten, derzeit 300 Mitglieder, hat gerade beim Amtsgericht Hamburg eine Satzung zur Genehmigung eingereicht, die neue Gestaltungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten übers Internet nicht nur zulässt, sondern diese ausdrücklich wünscht.
Vereinsversammlungen erforderten demnach keine lästige und zeitaufwendige Anwesenheitspflicht mehr, Anträge und Abstimmungen, Datenschutz vorausgesetzt, könnten übers weltweite Netz transparent abgewickelt werden. Das wäre auch ein Schaltkreis zu mehr Demokratie. Nicht nur ein verschwindend kleiner Bruchteil der Mitglieder, wie heute zum Beispiel beim HSV oder dem FC St. Pauli üblich, würde über Politik und Personen entscheiden, die schweigende Mehrheit käme endlich zu Wort.
Wie Mitglieder vom vernetzten Verein profitieren
Die Segnungen der Digitalisierung bei Verwaltung und Organisation sind aus anderen Lebensbereichen längst bekannt. Der vernetzte Sportverein ist die Antwort auf den Wunsch vieler Mitglieder, nicht an Öffnungs- und Kurszeiten, Trainer und Übungsleiter gebunden zu sein, sondern das persönliche Sportprogramm jederzeit flexibel und individuell gestalten zu können.
Oder um sich per Chat mit Gleichgesinnten spontan zum Fußball, Handball oder Volleyball zu verabreden, weil die entsprechende Halle gerade leer steht, wie auf der Homepage des Vereins nach zwei, drei Klicks zu erkennen ist. Mit einem Chip öffnen sich dann alle Türen auf dem Vereinsgelände. Schöne neue Sportwelt.
Sie ist alternativlos. Der Sport und seine Anbieter müssen darauf reagieren, dass die menschliche Arbeits- und private Welt nicht mehr in festgelegten, starren Rhythmen abläuft, dass heute ein hoher Grad an Mobilität und Anpassungsfähigkeit erforderlich ist. Ein Club allein kann diese Anforderungen kaum erfüllen. Hier sollte ein landesweites Netzwerk helfen, Vereinssport dort ausüben zu können, wo immer man sich aufhält. Die Fitnessketten sind bei Servicegedanken wie diesem schon ein paar Klimmzüge weiter.
Den Datenschatz nicht Google und Facebook überlassen
Wer an Google, Facebook oder Twitter denkt, erkennt sofort, dass mit der Digitalisierung der Vereine ein riesiger Datenschatz aufwächst, der höchste Begehrlichkeiten erweckt. Diesen Fundus nicht kampflos anderen zu überlassen, eine eigene, geschützte Plattform zu entwickeln, neue Vermarktungschancen zu erkennen und sie kommerziell zu nutzen, ist jetzt die Herausforderung des organisierten Sports.
Der Deutsche Olympische Sportbund, 27 Millionen Mitgliedschaften in 90.000 Clubs, arbeitet mit professionellen Partnern an entsprechenden Konzepten. Es ist die große Chance des Sports, seiner chronischen Unterfinanzierung neue Erlösquellen entgegenzusetzen.