Und die zu finden kann doch nicht so schwer sein.

Was ist der entscheidende Unterschied zwischen der CDU und der SPD? Doch, es gibt einen. Die CDU kann allein durch den anstehenden Wechsel an der Spitze aus ihrem Teil der Volksparteienkrise herauskommen. Die SPD hat diese Chance dagegen mit dem Sprung von Gabriel auf Schulz und von Schulz auf Nahles vertan. Sie braucht keine neuen Personen, sie braucht eine Idee – natürlich für das Land, aber vor allem für sich. Eine Idee, die die Genossinnen und Genossen endlich eint, und die nicht bei nächstbester Gelegenheit wieder infrage gestellt wird. Eine Idee, die sich nicht an die ruhmreiche Vergangenheit der Partei klammert, sondern sich ausschließlich mit der Zukunft der Menschen da draußen beschäftigt.

Eine Idee. Kann doch nicht so schwer sein. Ist es aber, weil die SPD die Partei der vielen Ideen und Richtungen, der Hoffnungen und Zweifel ist und nach außen viel zu oft den Eindruck vermittelt, nicht zu wissen, wofür sie stehen will. Diese Unsicherheit ist es, die sich auf die Wähler überträgt. Das permanente Hinterfragen der Großen Koalition oder irgendwelche To-do-Listen, die nun aber wirklich einmal abzuarbeiten sind, vermitteln den Eindruck einer Regierungspartei, die nicht weiß, was sie tut. Damit muss schnell Schluss sein. Aber das reicht nicht.

Gibt es denn keinen, der eine Idee hat, wie die SPD noch zu retten ist? Doch, es gibt da jemanden, und wie der Zufall es will, ist er sogar Mitglied. Doch leider scheint die Partei ein Problem mit ihm zu haben, das sich immer dann in Zahlen ausdrückt, wenn das Präsidium gewählt werden muss. Die Rede ist – von Olaf Scholz. Jenem Genossen, dem in der Vergangenheit die eindrucksvollsten Wahlsiege gelangen, der das stolze Hamburg sogar einmal mit absoluter Mehrheit regierte, mit einer SPD, die zuvor am Boden lag. Und der heute, als Bundesfinanzminister, einer der beliebtesten Politiker Deutschlands ist. Zumindest, wenn man den entsprechenden Umfragen unter den Wählern glaubt. Bei Parteitagen zahlt sich das nicht aus: Dort schneidet Olaf Scholz bei der Wahl zum stellvertretenden SPD-Vorsitzenden meist bescheiden ab.

Seine Idee, eine Politik, die den Menschen die Angst vor der Zukunft nimmt, ist einfach und überzeugend – wenn man sie sich denn einmal in Ruhe anhören würde. Doch das hat die SPD in der Vergangenheit nicht getan und macht es auch jetzt nicht – vielleicht geht es der Partei doch noch nicht schlecht genug. Ja, Scholz ist kein Robert Habeck, und ein Friedrich Merz ist er auch nicht, aber darauf kommt es bei der SPD nicht an. Die Idee ist entscheidend, und die kann Olaf Scholz bis in kleinste Verästelungen durchdeklinieren. Seine Politik beginnt bei besseren Arbeits- und Entlohnungsstrukturen und endet bei einem Rentensystem, das starke Sicherheit garantiert. Der Bundesfinanzminister, der selbst in der aktuell aussichts­losen Situation bereit wäre, als Kanzlerkandidat anzutreten, hat jahrelang an seinem Konzept gearbeitet, das nur einen Nachteil hat. Für den Wähler muss man es übersetzen – und die Partei müsste sich dahinter versammeln. Und sei es nur, weil eine Strategie immer noch besser ist als keine Strategie.

Wird es so kommen? Wird man sich endlich an den Themen unserer Zeit abarbeiten statt an sich selbst? Oder wird man doch wieder der Verlockung erliegen, die ein personeller Wechsel irgendwie ja immer mit sich bringt? Auf die Frage, wen sie sich als nächsten Kanzler vorstellen könnten, antwortete in der vergangenen Woche ein Viertel der Deutschen mit – Olaf Scholz.