Hamburg. Wie Schleswig-Holstein und Hamburg Bayern und München abhängen.

    Kann es etwas Schöneres geben als eine Studie, die einem sagt, dass man zu den glücklichsten Menschen in Deutschland gehört? Natürlich nicht! Der einmal im Jahr erscheinende Glücksatlas wird gern belächelt und kritisiert, vor allem aus den Bundesländern, die eher auf den hinteren Rängen zu finden sind.

    Tatsächlich ist er ein ernstzunehmendes Barometer der Befindlichkeiten in verschiedenen deutschen Regionen und korrespondiert mit anderen Entwicklungen. So ist es kein Zufall, dass dort, wo die glücklichsten Menschen wohnen, also in Schleswig-Holstein und Hamburg, Protestparteien wie die AfD bei Weitem nicht so erfolgreich sind wie anderswo. Was wiederum ein Beweis dafür ist, dass man mit kluger Politik, mit klaren Strategien und der norddeutschen Unaufgeregtheit populistische Tendenzen zumindest begrenzen kann.

    Wenn man nur das Selbstverständnis und den wirtschaftlichen Erfolg betrachten würde, müsste der Glücksatlas von einer anderen Stadt-Land-Kombination angeführt werden. Bay­ern und München waren in den vergangenen Jahrzehnten oft und gern das Land und die Metropole, auf die man vom Norden aus neidisch blickte. In Süddeutschland sind immer noch viel mehr Konzerne beheimatet, die Fußballvereine der beiden Regionen trennen inzwischen nicht nur Ligen, sondern Welten. Und trotzdem wirkt Bayern kurz vor der Landtagswahl wie ein Staat im Krisenmodus, mit instabilen politischen Verhältnissen und hadernden Bürgern. Ganz anders die Lage im Norden, wo Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther inzwischen Beliebtheitswerte erreicht, von denen Bayerns Landesvater Markus Söder nicht einmal mehr träumen kann. Dass sich das Nord-Süd-Gefälle dreht, ist auch deshalb erstaunlich, weil die Bayern immer noch bessere Ausgangsbedingungen haben – das beginnt bei der angesprochenen Wirtschaftskraft und endet beim Wetter, das normalerweise im Süden immer besser ist als im Norden. Außer in diesem Sommer.

    Schleswig-Holstein und Hamburg ist die Kombination, die es zu schlagen gilt. Das Land und die Stadt können in Zukunft noch erfolgreicher und lebenswerter werden, wenn man sich der gegenseitigen Abhängigkeit bewusst wird und diese nutzt. Schleswig-Holstein profitiert wie kein anderes Bundesland von der gestiegenen Attraktivität Hamburgs, von neuen Kultur- und Freizeitangeboten, von einer starken Wirtschaft. Hamburg braucht Schleswig-Holstein nicht mehr nur als wunderbares Naherholungsgebiet, sondern vor allem als Wohnraum für die Menschen, die in der Metropole arbeiten. Elmshorn, Pinneberg oder Ahrensburg sind in Wahrheit schon jetzt Vorstädte Hamburgs, andere Gemeinden werden es werden. Und das ist nichts Schlimmes, das ist gut und richtig so.

    Denn wenn man auf das guckt, was die Menschen in beiden Ländern eher nicht so glücklich macht, sieht man, wie Hamburg Schleswig-Holstein helfen kann und umgekehrt: Die Schleswig-Holsteiner beklagen sich über eine leicht erhöhte Arbeitslosenquote – ein Problem, das sich mithilfe Hamburgs, das in nahezu allen Bereichen Arbeitskräfte sucht, schnell lösen lässt. Die Hamburger wiederum leiden, keine Überraschung, unter stark gestiegenen Kosten für Wohnungen und Häuser – Abhilfe gibt es weiter nördlich. Auch wenn es den oft beschworenen Nordstaat niemals geben wird, muss man sich die beiden glücklichsten deutschen Länder als eines denken. Dann dürften wir den Glücksatlas auch in den nächsten Jahren weiter anführen.