Planungsfehler rächen sich bitter: Die Deutsche Bahn muss nun mit Hochdruck am Projekt Altona/Diebsteich nachbessern.
An den Ärger über verspätete Züge der Deutschen Bahn haben wir uns ja fast schon gewöhnt. Jetzt aber droht ein ganzer Bahnhofsneubau in Hamburg zwei Jahre später fertig zu werden als geplant. Diese Verzögerung übertrifft sogar noch die düstersten Befürchtungen vom August, als das Hamburgische Oberverwaltungsgericht in einer Eilentscheidung das Bauvorhaben am Diebsteich vorerst stoppte – weil die Bahn es versäumt hatte, in ihren Planungen wie verlangt eine Autoverladestation vorzusehen als Ersatz für die wegfallende Anlage im Bahnhof Altona.
Wie bitter sich dieses Versäumnis rächt, nicht nur für die Bahn selbst, zeigt sich jetzt. Der Rückschlag für die städtebauliche Entwicklung Hamburgs ist schwerwiegender als erwartet. An der Verlagerung des Fernverkehrs vom Bahnhof Altona nach Norden zum Diebsteich hängt das größte Städtebauvorhaben der Hansestadt seit dem Bau der HafenCity: die Neue Mitte Altona. Auf dem ehemaligen Güterbahngelände und den frei werdenden Gleisanlagen soll ein attraktives, citynahes Neubauquartier entstehen, in dem gerade junge Familien halbwegs bezahlbaren Wohnraum finden können.
Neue Mitte Altona: Bahnhof muss umziehen
Der erste Bauabschnitt ist weit vorangeschritten, die ersten Mieter bereits eingezogen. Sie dürften sich dafür bedanken, dass die alten Gleisanlagen deutlich länger als geplant ihre Nachbarn bleiben und der Fernverkehr vor ihrer Tür vorbeirollt. Der zweite Bauabschnitt aber kann gar nicht erst umgesetzt werden, bevor der Bahnhof umgezogen ist. Dort, wo jetzt noch die Gleisanlagen liegen, sollen auf 13 Hektar Fläche 1900 Wohnungen sowie Raum für Arbeiten und Freizeit entstehen – Wohnraum, der angesichts steigender Mieten in Hamburg dringend benötigt wird.
Die Fehler, die bei der Bahnhofsplanung vor allem im Hinblick auf die Autoverladung gemacht wurden, sorgen für Kopfschütteln: Sie müssen Zweifel an der Professionalität der Vorbereitung aufkommen lassen.
Die Bahn und ihre Hamburger Großbaustellen
Aus diesen Fehlern ergibt sich für die Bahn eine Verpflichtung – und zwar die, die Planung nun mit Hochdruck nachzubessern. Hier darf es keinen weiteren Zeitverzug geben. Doch Großkonzerne sind in der inneren Abstimmung nicht unbedingt wendig. Und die Tatsache, dass das Gericht vor der Ansetzung eines Termins für das Hauptsacheverfahren noch auf angeforderte Unterlagen von den Prozessbeteiligten wartet, macht nicht unbedingt Mut. Bei Großprojekten hat die Bahn schließlich nicht immer eine glückliche Hand.
Selbst wenn das süddeutsche Bahnhofsprojekt von ganz anderer Dimension ist: Die Verzögerung lässt Pessimisten an Stuttgart 21 denken. Hier ist der Fertigstellungstermin immer weiter und zuletzt auf 2025 verschoben worden.
Aber auch in Hamburg ist die Deutsche Bahn ohnehin in Verzug: Seit fast einem Jahrzehnt sind sich die Experten einig, dass der Hauptbahnhof, mit rund 550.000 Fahrgästen pro Tag der meistfrequentierte in Deutschland, überlastet ist. Doch nicht nur die notwendige Erweiterung ist bisher nicht auf die Schiene gebracht worden, auch immer wieder diskutierte Zwischenlösungen wie zusätzliche Ein- und Ausgänge lassen auf sich warten.
Bleibt der Appell an die Richter, das Hauptsacheverfahren jetzt so schnell wie möglich zu terminieren. Denn es geht um mehr als die Frage, ob Fernreisende am Bahnhof Altona oder zwei Kilometer weiter nördlich am Diebsteich aussteigen.