Die Arbeitswelt 4.0 zwingt zum Umdenken. Mittlerweile werden mehr Handwerker gesucht als Programmierer.
Kinder sind unsere Zukunft. Dieser Satz mag vielen trivial erscheinen, doch er trifft nach wie vor zu. Spätestens, wer sein eigenes Kind in den Armen hält, kann nicht anders, als sich Gedanken darüber zu machen. Wie können wir junge Menschen so gut wie möglich auf die Zukunft vorbereiten? Wie für die Kita, Schule und die spätere Arbeitswelt? Was genau müssen wir ihnen mitgeben, um dort zu bestehen? Welche Anforderungen stellt ein sich wandelnder Arbeitsmarkt an sie?
Was das angeht, können die Familienunternehmen einiges aus der täglichen Praxis beisteuern. Denn sie sind es, die 60 Prozent der Arbeitsplätze und 80 Prozent der Ausbildungsplätze stellen. Familienunternehmer sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft und wollen es bleiben. Dazu sind topqualifizierte Fachkräfte und Auszubildende unverzichtbar. Allerdings wird es für die Betriebe immer schwieriger, die Fachkräfte von morgen auszubilden. Allein in Hamburg bleiben in dieses Jahr 2500 Lehrstellen unbesetzt. Woran das liegt? Laut einer Umfrage unter Familienunternehmern erhalten rund die Hälfte der Stellenanzeigen nicht einmal Bewerbungen. Bei denen, die sich bewerben, klagen 60 Prozent der Unternehmer über schlechte Vorbildung. Aber sie jammern nicht nur, im Rahmen ihrer Möglichkeiten handeln sie auch: 40 Prozent versuchen, mangelnde Berufsschulkenntnisse mit betrieblicher Nachhilfe auszugleichen. Doch gerade kleinere Betriebe gelangen hier schnell an ihre Grenzen. Die Mängel im Bildungssystem können Unternehmer nicht alleine beheben.
Die Politik muss daher die Berufsausbildung stärker am wirtschaftlichen Bedarf ausrichten. Denn während in einigen Ausbildungsberufen und Studiengängen die Nachfrage seitens der jungen Menschen zu groß ist, ist sie in anderen zu gering. Darum ist es wichtig, Schüler so früh wie möglich über ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu informieren und Interessen zu wecken. Das gelingt nur durch eine stärkere Berufsorientierung an den Schulen. Hamburg hat jetzt ein Fach für Berufs- und Studienorientierung in der gymnasialen Oberstufe eingeführt. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber viele weitere müssen noch folgen. Wir müssen Schüler noch viel früher über die Gesamtpalette beruflicher Alternativen informieren.
Zu den Wahlmöglichkeiten zählt das Erfolgsrezept duale Ausbildung – made in Germany. Sie bereitet Schüler durch Praxis und Theorie ideal auf die Arbeitswelt vor. Damit sich wieder mehr für sie begeistern, muss schon in Sekundarstufe 1 für den „Spurwechsel“ geworben werden. Aus dem Blick geraten ist nämlich das Handwerk: Den Nachwuchsmangel merkt man spätestens, wenn man zehn Wochen auf einen Maler warten muss.
Mittlerweile werden sogar mehr Handwerker gesucht als Programmierer. Dabei verdient ein Handwerker nicht selten mehr als ein Bachelor-Absolvent. Obendrein winken eine sichere Stelle sowie immer öfter die Chance, den Betrieb später zu übernehmen. Diese Vorteile müssen Schülern und Eltern vermittelt werden. Die Digitalisierung zieht derweil in alle Berufe ein. Entgegen verbreiteter Panikmache wird uns die Arbeit auch in Zukunft nicht ausgehen. Allerdings verlangt die Digitalisierung, dass wir unser Bildungssystem umkrempeln. Grundlagen der Informationsgesellschaft müssen in Fächer wie Sachkunde oder Physik integriert werden. Auch wenn nicht alle Kinder Programmieren lernen müssen, sollten sie doch die Wahl haben. An jeder weiterführenden Schule sollte es möglich sein, Informatik zu lernen.
Als vierfacher Vater habe ich mir schon oft die Frage gestellt, was Kinder für ihre Zukunft brauchen und wie wir sie optimal vorbereiten können. Die Arbeitswelt 4.0 zwingt zum Umdenken. Sie verlangt eine noch stärkere Erziehung zu Eigenständigkeit, kritischem Denken und Kreativität in den Schulen. Denn Firmen können schneller als früher unter Druck durch neue Wettbewerber geraten. Für Unternehmer und Mitarbeiter bedeutet das mehr Tempo. Technik, Berufsanforderungsprofile und Aufgaben werden sich in Zukunft in einem Arbeitsleben eher fortlaufend ändern. Darauf muss das Bildungssystem sie besser vorbereiten und ihnen die richtigen Werkzeuge an die Hand geben. Je früher, desto besser.