Bund und Länder müssen die neue S 4 jetzt endlich bauen. Das Geld ist da ...

Wer wie Horst Seehofer in seinem Keller eine Modelleisenbahn stehen hat, der ist Bahnchef in einem viel umfassenderen Sinne, als es Hartmut Mehdorn je gewesen ist. Denn im Keller zählen nur die eigenen Wünsche. Neue Gleise sind schnell verlegt, Bahnhöfe lassen sich im Nu umstellen, Berge sind rasch abgetragen und an anderer Stelle wieder aufgehäuft. In dieser Welt gibt es nur eine Obergrenze: die Kellerdecke.

In der realen Welt ist das Verlegen von Gleisen schmerzhaft anders, immer wieder werden neue Grenzen gesetzt. Viele kleine Könige müssen zustimmen, einverstanden sein, mitspielen. Das Eisenbahn-Bundesamt prüft die Baupläne, die Anwohner haben ein Wörtchen mitzureden und können das Vorhaben mit Klagen zu Fall bringen, die Netz AG der Deutschen Bahn muss Planungskapazitäten bereithalten, Baufirmen müssen mit Personal und Material bereitstehen. Und dann ist immer noch nicht die Frage geklärt, wer das alles bezahlen soll. Eine Frage, die zu allem Überfluss beim Bau der S 4 zwischen Hamburg und Ahrensburg besonders schwer zu klären ist.

S-Bahn: Vorbild München?

Denn die Gleise, die dort verlegt werden sollen, dienen eigentlich dem Nahverkehr. Zugleich aber auch dem Fernverkehr. Wäre das nicht so, hätte man sich über die Kostenverteilung wohl schon längst geeinigt. Reine Nahverkehrsstrecken werden vom Bund mit rund 60 Prozent bezuschusst. In München wird gerade an einer neuen ­S-Bahn-Stammstrecke gearbeitet, die im Innenstadtbereich teilweise unterirdisch verläuft. 3,2 Milliarden Euro soll das kosten, der Bund ist mit 1,55 Milliarden Euro dabei. War gar nicht so schwierig. Vielleicht hat auch geholfen, dass die CSU seit gefühlten Ewigkeiten den Posten des Bundesverkehrsministers besetzt.

Mit der S 4 ist es anders. Der Bau des Doppelgleises hilft auch dem Fernverkehr und entlastet den Hamburger Hauptbahnhof, das ist in diversen Gutachten schwarz auf weiß nachzulesen. Deswegen beharren die beiden Länder Hamburg und Schleswig-Holstein darauf, dass sich der Bund an den Gesamtkosten von knapp einer Milliarde Euro deutlich stärker als bei einem reinen Nahverkehrsprojekt beteiligt. Rund 80 Prozent, wird gemunkelt, sollten es schon sein. Also etwa 800 Millionen Euro.

Die S4 darf nicht am Geld scheitern

Wegen der derzeitig guten Kassenlage des Bundes ist das sicherlich kein utopischer Wunsch. Zumal der Bund, der sich dieser Tage in anderen Fragen immer gern darauf beruft, nur in Abstimmung mit den europäischen Partnern handeln zu können, auch beim Schienenverkehr europäische Verpflichtungen eingegangen ist. Neun große Schienenverkehrs-Korridore sollen künftig Europa durchkreuzen. Sechs von ihnen führen auch durch Deutschland. Und drei berühren Hamburg. Der Zweck dieser Korridore ist klar und unter Fachleuten unumstritten. Besonders der Güterfernverkehr soll runter von der Straße und rauf auf die Schiene. Das spart Zeit, verbessert die Luftqualität und verringert die Staus auf den Autobahnen.

Und damit wären wir wieder bei der S 4, die den Bahnknotenpunkt Hamburg entlastet. „Direkter, einfacher und pünktlicher“: So wird in den Imagebroschüren der Deutschen Bahn für das Projekt geworben. Es ist an der Zeit, dass sich die Unterhändler von Bund und Ländern diesen Leitsatz zu eigen machen und zügig auf eine Kostenverteilung verständigen. Angesichts sprudelnder Steuereinnahmen wäre es für alle Beteiligten eine Blamage, wenn die neue S-Bahn-Strecke am Geld scheitern würde.