Wirtschaftssenator will Unternehmen an Finanzierung der Infrastruktur beteiligen

Es waren nur wenige Sätze, die Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) jüngst im Hafen-Klub sagte. Doch sie haben im Hamburger Hafen einen Sturm der Entrüstung entfacht. Horch sprach davon, den Hafen für Minderheitsbeteiligungen an den Umschlagterminals öffnen zu wollen. Das ist in Hamburg zwar umstritten, in anderen Häfen aber Normalität. Horch sagte aber auch, dass die Unternehmen, die sich am Hafen beteiligen wollen, zur Finanzierung der Hafeninfrastruktur herangezogen werden sollen, weil die Mieteinnahmen nicht ausreichen. Das ist neu.

Die Betriebsräte etlicher Hafenfirmen und die Gewerkschaften laufen dagegen Sturm. Sogar die Europäische Transportarbeitergewerkschaft ETF hat sich eingeschaltet, bezeichnet Horch als einen „provinziell agierenden Politiker“. Die Gewerkschaften deuten Horchs Pläne zur externen terminalbeteiligung nicht nur als normalen Beitrag zur Hafenfinanzierung. Sie befürchgten den Einstieg in die Privatisierung des Hafens. So sagt der Bundesfachgruppenleiter für Maritime Wirtschaft der Gewerkschaft Ver.di, Torben Seebold: „Dieses Thema ist längst kein Hamburger Thema mehr, sondern hat bundesweite Bedeutung für die Zukunft der deutschen Hafenwirtschaft und ihrer Beschäftigten.“ Doch was erzürnt die Hafenarbeiter so?

Autor Martin Kopp ist Hafenexperte des Hamburger Abendblatts
Autor Martin Kopp ist Hafenexperte des Hamburger Abendblatts © HA | Reto Klar

Dazu muss man wissen, dass Einrichtung und Erhalt von Häfen eine teure Aufgabe ist. Es müssen Kaianlagen gebaut und gegen die zersetzenden Kräfte des Wassers geschützt werden. Dazu kommen Straßen, Brücken, Bahngleise und so fort. Diese Aufgaben übernimmt in den deutschen Häfen der Staat als Daseinsvorsorge.

Nach dem sogenannten Landlord-Prinzip sorgt der Staat für die Infrastruktur und ist der Eigentümer der Hafenflächen. Die private Wirtschaft kann diese Flächen mieten und für ihre Zwecke nutzen, indem sie auf den Kaianlagen Umschlagkräne installiert, dazu Hallen und Lagerflächen errichtet. Das Prinzip hat nur eine Schwachstelle: Die Mieteinnahmen reichen nicht aus, um den Erhalt der Hafeninfrastruktur zu bezahlen.

Jährlich muss der Staat also viel Geld in seine Häfen pumpen, wenn diese nicht verfallen sollen. Allein Hamburg gibt mehr also 120 Millionen Euro im Jahr für Hafeninvestitionen aus. Der Staat kontrolliert und steuert aber auch, was im Hafen geschieht, und sorgt mit seiner Ansiedelungspolitik für die Entstehung von Arbeitsplätzen.

Wenn Hamburg jetzt Hafenflächen externen Eigentümern überlässt, verliert er diese Kontrolle, und das ist es, was die Gewerkschaften und Betriebsräte der Unternehmen so aufregt. Denn dann hängen die Arbeitsplätze nur noch von den Entscheidungen der privaten Firmen ab. Denen geht es um w wirtschaftliches Kalkül, nicht das Wohl des Standorts Hamburg.

Ein chinesisches Konsortium will beispielsweise auf Steinwerder ein neues Terminal errichten, inklusive Bau der Kaianlagen. Es geht um Hunderte Millionen Euro, die die Stadt nicht bezahlen müsste, sondern für Schulen, Kindergärten oder soziale Einrichtungen zur Verfügung hätte. Klingt das Angebot nicht verlockend?

Dabei besteht nur eine Gefahr: Wird einem Unternehmen ein Teil des Hafens als Eigentum übergeben, werden alle Firmen, die derzeit nur Mietverträge für die teuren Flächen haben, ebenfalls kaufen wollen. Dann wird der Senat im Hamburger Hafen über kurz oder lang nichts mehr zu sagen haben. Die Wirtschaftsbehörde muss entscheiden, ob sie diese Büchse der Pandora öffnen will.

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