Nicht alle Pfiffe sind rassistisch, so wie es der “Spiegel“ schrieb. Der DFB muss seine Kommunikation verbessern. Ein Kommentar.
Natürlich sind die Zuschauer, die beim Länderspiel am Freitag den Nationalspieler Ilkay Gündogan ausgepfiffen haben, keine Rassisten. Aber allein um den Unmut, dass zwei deutsche Fußballspieler in ihrer Gedanken- und Instinktlosigkeit einem Despoten aus der Heimat ihrer türkischstämmigen Familien die Ehre erweisen, geht es bei den Pfiffen von Zuschauerrängen nicht.
Wäre das so, dann müssten dieselben Zuschauer für viele andere Vorkommnisse ebenso auf die Straße gehen oder Pfeifkonzerte veranstalten: gegen AfD-Politiker, die das Assad-Regime in Syrien besuchen, gegen CSU-Politiker, die den ungarischen Rechtsausleger Orban empfangen, gegen Linke-Abgeordnete, die in Russlands Staatslenker Putin einen Heilsbringer sehen, und gegen alle Regierungsvertreter der Großen Koalition, die schon aus diplomatischer Gepflogenheit zum Kuscheln mit Herrschern neigen.
Inszenierung beim Bundespräsidenten war falsch
Tun sie aber nicht. Uns zeigt das alles nur: Die Pfiffe sind Ausdruck einer Unzufriedenheit, die nicht greifbar ist, aber sicher auch jenseits der Nationalmannschaft zu verorten ist. Bestenfalls liegt ein tiefes Bedauern über den Mangel an Patriotismus in Deutschland vor, wie das Wehklagen vermuten lässt, wenn nicht alle Nationalspieler inbrünstig die deutsche Hymne singen.
Schlimmstenfalls werden Urängste auf die Nationalspieler projeziert, dass Familien irgendwoher kommen und sich an den Vorzügen dieser Gesellschaft nach eigenem Gusto bedienen können – und man selbst außen vor bleibt. Die Grenze zum Rassismus wäre dann tatsächlich nur noch einen Schritt entfernt.
Weghören darf der Fußball aber ebenso wenig wie die Politik. Und schon gar nicht mit Basta-Befehlen die Debatte beenden, wie es DFB-Direktor Oliver Bierhoff versuchte. Wer auf den Stadiontribünen pfeift, ist auch Repräsentant unserer Gesellschaft. Deren Probleme gehen uns alle und insbesondere den DFB an, der so gerne Integration fördert. Dort heißt es: Man wisse nicht, was man noch tun solle. Wie wäre es mit einer Entschuldigung von Özil und Gündogan, mit Dialog statt Inszenierung beim Bundespräsidenten?
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