Morgen haben wir frei, weil wir an die Rückkehr Jesu Christi zu seinem Vater erinnern. Und nicht, weil Bollerwagen rollen.

Rettet die christlichen Feste! Der morgige „Vatertag“ markiert den Höhepunkt einer gesteigerten Partykultur, bei dem vielerorts der eigentliche religiöse Kern im kollektiven Trinkgelage am Bollerwagen untergeht. Nur noch 46 Prozent der Deutschen verbinden mit „Himmelfahrt“, dem ursprünglichen Fest, einen christlichen Feiertag, hat jetzt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa-Consulere im Auftrag der Evangelischen Nachrichtenagentur idea ergeben.

Himmelfahrt ist aber im originären Sinn weder ein Ehrentag für Väter noch ein Gedenken an den russischen Kosmonauten Juri Gagarin, den ersten Menschen im All. Stattdessen erinnert der in Deutschland gesetzlich geschützte Feiertag, von dem wie selbstverständlich auch die Konfessionslosen mit einem arbeitsfreien Tag profitieren, an die Rückkehr Jesu Christi zu seinem Vater. Die biblische Metapher nennt das „Himmelfahrt“.

Väter haben Himmelfahrt "kolonialisiert"

Weil der wahre religiöse Kern in heutiger Zeit nur schwer zu vermitteln ist, haben die Väter den Himmelfahrtstag erfolgreich „kolonialisiert“ – nicht zuletzt als Kontrastprogramm zum Muttertag, der in diesem Jahr nur drei Tage später stattfindet. Auch andere christliche Feste erleben in der Moderne einen dramatischen Bedeutungswandel. Die Mehrheit der Deutschen feiert Weihnachten längst als Familienfest unter dem Tannenbaum mit einem großen Geschenketausch, nicht aber die Geburt Jesu Christi. Und mit Ostern verbindet nur noch jeder Zweite die Auferstehung Jesu Christi.

Der Autor ist Redakteur in der Lokalredaktion beim Abendblatt
Der Autor ist Redakteur in der Lokalredaktion beim Abendblatt © HA

Zugegeben: Das sind alles religiöse Dinge, die Karl Marx als „Opium des Volkes“ bezeichnet hat. Religion ist wirklich nicht jedermanns Geschmack. Es geht auch nicht darum, den Vätern am Himmelfahrtstag die Feierlaune zu nehmen. Doch ausgerechnet in einer digitalen Informationsgesellschaft, deren Rhythmus neben dem bürgerlichen Jahr auch immer noch vom Kirchenjahr geprägt ist, darf das Grundwissen über religiöse Zusammenhänge nicht schwinden. Seit Jahrhunderten bestimmen Adventszeit und Weihnachten, Karneval und Aschermittwoch, Karfreitag, Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten und das Totengedenken den Jahreskreislauf. Und zwar nicht nur in den Kirchen, sondern auch bei den Feiertagsregelungen, in der Konsumindus­trie und im individuellen Leben. Die meisten Menschen feiern gern solche Feste mit allen Sinnen. Aber sie fragen auch nach dem Sinn, nach Woher, Wozu und Wohin ihres Lebens. Gerade die Sinnfrage zeichnet das Menschsein aus.

Sinnfragen an Feiertagen bedenken

Die christlichen Feiertage laden dazu ein, genau über diese Sinnfragen nachzudenken. Dazu bedarf es aber einiger „Basics“, die nicht mehr in ausreichendem Maße in den Schulen vermittelt werden. Deutschland braucht deshalb eine Offensive in religiösen Bildungsfragen, an der verschiedene Akteure mitwirken – zum Beispiel die Volkshochschulen und die christlichen Parteien. Bei gelungener religiöser Bildung wäre das Kreuz, das der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in Amtsstuben aufhängen lässt, nicht als Machtsymbol, sondern als ein Zeichen der Hoffnung und Erlösung verstanden worden, das über mensch­liches Tun hinausweist.

Nach Himmelfahrt folgt Pfingsten – und am 31. Oktober erstmals als neuer gesetzlicher Feiertag in Hamburg das Reformationsfest. Es wäre schade, wenn die meisten Hamburger dann Halloween feiern und nicht an Martin Luther denken würden. Nur wer den eigentlichen Sinn eines Festes verstanden hat, kann es mit allen Sinnen feiern. Auch den Vatertag.