Jeder soll sich Wohnen leisten können, sagt der Bürgermeister. Was ist zu tun?
Es war eine machtvolle Demonstration: 13.000 Bürger gingen am vergangenen Sonnabend in Berlin auf die Straße, um gegen den dramatischen Anstieg der Mieten in der Hauptstadt zu protestieren. In den Jahren zuvor hatten sich bei ähnlichen Aktionen nur ein paar Hundert Leute beteiligt.
Auch in Hamburg hat das Thema Konjunktur. 45 Prozent der Haushalte müssen inzwischen mindestens die Hälfte ihres Nettoeinkommens für die Miete ausgeben. Der dramatische Personalengpass in Krankenhäusern und Altenheimen resultiert auch aus den enorm gestiegenen Kosten fürs Wohnen. „Die Schwestern können von ihren Gehältern vor allem in den Ballungsräumen nicht mehr anständig leben“, gibt Asklepios-Gründer und -Eigentümer Bernard große Broermann unumwunden zu. Der Krankenhauskonzern will künftig selbst für bezahlbare Wohnungen sorgen; auch der Senat plant, in Neubausiedlungen Wohnraum für Pflegekräfte zu reservieren.
Ehrenwerte Maßnahmen, die indes allenfalls ein Mosaikstein im Masterplan des neuen Bürgermeisters sein können. „Wir werden viele günstige neue Wohnungen schaffen, damit sich jeder das Wohnen in Hamburg leisten kann“, versprach Peter Tschentscher in seiner Regierungserklärung.
Gerade der soziale Wohnungsbau zeigt, wie schwierig dieser Weg wird. Die Stadt unterstützt nach Kräften den Bau von öffentlich geförderten Wohnungen – 2017 stiegen die Neubauten gegenüber dem Vorjahr um fast 40 Prozent. Und dennoch sinkt der Bestand auf unter 80.000 Wohnungen, da immer mehr Wohnungen aus der Sozialbindung fallen. Mitte der 1980er-Jahre waren es noch fast viermal so viel.
Es zeigt sich einmal mehr, dass es in der Stadtplanung Jahre, nein Jahrzehnte bedarf, um Fehlentwicklungen zu korrigieren. Sozialwohnungen galten vielerorts als Schmuddelkinder der Metropolen. Noch heute wirken manche Hochhaus-Gettos wie Mahnmale der Stadtentwicklung.
Immerhin vermieden Vorgänger-Senate einen Kardinalfehler anderer Großstädte wie Berlin oder Dresden, die unter Schuldendruck weite Teile ihres Wohnungsbestands verkauften. In Hamburg vermietet weiter die Saga über 130.000 Wohnungen, Fast jede dritte Wohneinheit gehört damit in Hamburg der Saga oder einer Wohnungsbaugenossenschaft, die in aller Regel für günstigen Wohnraum sorgen, vielerorts inklusive Sozialarbeit, etwa mit Treffpunkten für Senioren.
Diese Anstrengungen sollte der Senat beim Verkauf städtischer Grundstücke stärker berücksichtigen. Wer preiswert vermietet, kann keine Mondpreise für Grund und Boden zahlen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass viele dieser Wohnungen in Stadtteilen liegen, deren Image nicht das beste ist. Wer das viel zitierte Recht auf Stadt auf In-Viertel wie Eppendorf, Ottensen oder Winterhude reduziert, muss scheitern. Zum Glück verlangt Hamburgs Oberbaudirektor Franz-Josef Höing bei der Planung neuer Quartiere wie Oberbillwerder die gleiche Hingabe wie bei Projekten rund um die Alster. Dies sollte erst recht die Prämisse für alle größeren Bauvorhaben in Stadtteilen sein, die heute noch als soziale Brennpunkte gelten.
Die Behörden müssen sich um alle Bauherren, auch die privaten, viel stärker kümmern. Es kann nicht sein, dass bei Baugenehmigungen im Zeitalter der Digitalisierung noch bergeweise Aktenordner mit Plänen von Amt zu Amt wandern. Dies alles kostet Zeit, die Hamburg längst nicht mehr hat.