Hamburg. Wenn die Not leidende Musikbranche Rapper mit antisemitischen Texten feiern muss, dann hört der Spaß auf.
Früher gefiel ich mir in der Rolle des harten Hammers. Immer feste druff. Wer’s aushielt, war ein Guter. Um den Rest war’s nicht schade. Mobbing? Ein Weichei-Thema für Vegetarier. Nicht Mobber schienen das Problem, sondern die Gemobbten. Konnten sich nicht durchsetzen. Fingen gleich an zu heulen. Keine Härte. Alle Uschis. Und wenn’s wehtut? War doch nur Spaß. Oder Ironie. Oder Provokation.
Das klingt so herrlich bildungsbeflissen. Waren nicht alle großen Künstler ironische Provokateure? Beuys und so? Mit altersbedingt sinkendem Testosteronspiegel sehe ich die Sache anders. Kalt duschen mag zu Abhärtung führen, aber erniedrigen nicht zu besseren Menschen. Ich verstehe nicht, warum Rapper gefeiert werden, die eindeutig antisemitische Texte vortragen (aufs Zitieren verzichte ich bewusst). Wort- und Hirnmüll mag von der Meinungsfreiheit gedeckt sein. Aber wenn die Not leidende Musikbranche Provokateure feiern muss, um eine kreuzlangweilige Preisverleihung zu pimpen, dann ist überprovoziert.
Ist das Kunst, weil’s aufregt? Nein, dieser Mobbingdreck kann weg. Ist doch kein Zufall, wenn erst die Stars unserer Kinder gegen Juden hetzen und anschließend jüdische Kinder in der Schule gemobbt werden. Nur Spaß? Einzelfälle? Dafür waren es ein paar zu viele.
Es ist zu viel Härte in der Welt. Wie tickt eine AfD-Frau, die noch während eines Attentats fiebrig ihre Mobbingtweets formuliert? Was mag ein US-Präsident anstellen, der „stärker gegen schwächer“ für einen ethischen Kompass hält? Fast bin ich dankbar für die gelassene Langeweile, mit der uns die Kanzlerin und ihr Vize Scholz gemeinsam sedieren. Dummerweise liefern wir, die Medien, das große Mobben täglich frei Haus. Idiotenfürze funktionieren auch beim Publikum. Ich wünsche mir Menschen, Politiker, Prominente, die häufiger den Mut haben, „Stopp!“ zu sagen: „Genug provoziert, genug erniedrigt.“ Respekt und Behutsamkeit sind keinen Schwächen, sondern Bedingung für gelingendes Zusammenleben.