Dass Hamburg die Ausgaben erhöht, ist in Ordnung – aber in der Höhe bedenklich

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Hamburg ist seit Anfang des Jahrzehnts um rund 100.000 Menschen gewachsen, und das macht sich an allen Ecken und Enden bemerkbar. In den Kitas werden 20.000 Kinder mehr betreut als 2011, in den Schulen 15.000 Schüler mehr unterrichtet, an den Unis studieren 22.000 junge Menschen mehr, und Busse und Bahnen des HVV verzeichnen 75 Millionen Fahrgäste mehr als damals. Mehr, mehr, mehr – und kein Ende in Sicht.

Hamburg hat von dieser Entwicklung bislang stark profitiert. Denn angesichts der boomenden Wirtschaft steigt mit der Bevölkerungszahl auch die der Beschäftigten und mit ihr die Steuereinnahmen. Kehrseite der Medaille sind die steigenden Kosten. Nur ein Beispiel: Allein die Kita-Ausgaben der Stadt haben sich – noch befeuert durch den weitgehenden Wegfall der Gebühren – in den vergangenen sieben Jahren mehr als verdoppelt und nähern sich der Milliarden-Marke.

Dass der Senat auf diese Entwicklung reagiert und seine Haushaltsplanung um einen „Wachstumsfaktor“ ergänzt, der kräftige Mehrausgaben ermöglicht, ist daher im Grundsatz völlig in Ordnung. Denn in einer wachsenden Stadt gibt es noch viele weitere Bedarfe, die nicht so unmittelbar und offensichtlich ansteigen wie in Kitas und Schulen. Mehr Menschen bedeutet in der Regel auch ein Mehr an Verkehr, Krankheitsfällen, Straftaten, Notfällen und Anliegen an die Verwaltung. Der ÖPNV, das Gesundheitssystem, Polizei, Feuerwehr und nicht zuletzt die Verwaltung müssen also Schritt halten, wenn die Attraktivität der Stadt nicht leiden soll – mal ganz abgesehen davon, dass es in manchen Bereichen wie der öffentlichen Sicherheit wünschenswert wäre, wenn es darüber hinaus spürbare Verbesserungen geben würde.

Indes: Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hatte in seiner Zeit als Finanzsenator trotz erfolgreicher Haushaltskonsolidierung die Ausgaben bereits kräftig gesteigert. Und es ist auch nicht so, dass das Bevölkerungswachstum plötzlich vom Himmel fiel und in der Finanzplanung gar nicht berücksichtigt wäre. Natürlich ist es das – nur nicht in allen Bereichen im erforderlichen Maß. Daher wird Tschentschers Nachfolger Andreas Dressel (SPD) gut begründen müssen, wofür der erneute kräftige Schluck aus der Pulle konkret nötig ist. Denn der fällt mit mehr als 700 Millionen Euro pro Jahr doch bedenklich hoch aus.

Die Befürchtungen der Opposition, dass Rot-Grün sich eine Wahlkampfkasse anlege, sind nicht völlig aus der Luft gegriffen. Nachdem die SPD-Alleinregierung 2011 ihre Versprechen wie die Abschaffung von Studien- und Kitagebühren relativ schnell umgesetzt hatte, zeigte sich mancher Sozialdemokrat später gefrustet, dass viele Bürger das bis zur Wahl 2015 schon wieder vergessen hatten. „Das passiert uns nicht noch einmal“, hieß es damals. Offensichtlich erinnert man sich im Rathaus noch an diese Episode.

Dabei wären „Geschenke“ völlig unangebracht. Denn Hamburg hat nicht nur den höchsten Haushaltsüberschuss aller Zeiten erzielt, sondern auch den größten Schuldenzuwachs aller Bundesländer zu verzeichnen – in erster Linie, weil die Garantien für die HSH Nordbank fällig werden. Und daran werden wir noch Jahrzehnte zu knabbern haben. Das fällt in finanziell guten Jahren wie diesen nicht allzu sehr ins Gewicht. Aber es kommen auch wieder schlechtere – das sollte der Senat bedenken, wenn er über seinen neuen Spielraum nachdenkt.