Hamburg. Immer montags: der Fragebogen an die Abendblatt-Autoren, deren Namen man jeden Tag in der Zeitung liest. Heute: Geneviève Wood.
Ich bin Journalist geworden, weil:
... ich nach einem Praktikum beim Landtierarzt feststellen musste, dass diese Arbeit doch nichts ist. Jetzt also Menschen statt Tiere.
Ich wollte immer zum Hamburger Abendblatt, weil: ... ich nach Hamburg wollte, seitdem ich auf einem Tagesausflug in der 5. Klasse unter dem Michel stand und dachte: „In Hamburg möchte ich gern wohnen.“
Meine großen Themen sind: Menschen, gern skurrile, Norddeutschland, Familie und Bildung. Und alles andere auch – das ist das Tolle an der Lokalredaktion, hier haben alle Themen Platz.
Drei Dinge, die ich an Hamburg am meisten schätze: 1. Die Weite an Elbe und Alster. 2. Die Nähe zum Meer. 3. Die Menschen. Freunde aus Meran in Südtirol betonen immer das Liberale und Weltoffene. Sie haben recht.
Drei Dinge, die in Hamburg und im Norden besser werden müssen: 1. Die Kosten fürs Wohnen! Selbst Menschen mit mittlerem bis gutem Einkommen können sich die Mieten kaum noch leisten. 2. Das Jammern über das Wetter ist so langweilig. 3. Manchen arroganten Hamburgern täte ein Blick über die Stadtgrenzen gut. Dort kann es auch toll sein.
Demnächst würde ich gerne mal ein Interview führen mit: Das ist immer der, den man dringend für eine Geschichte braucht.
Der interessanteste Interviewpartner, den ich bisher hatte: Es sind vor allem die normalen Menschen, die mich interessieren. Wer mir zuletzt in Erinnerung geblieben ist: der „Cyborg“ aus Bergstedt. Patrick Kramer ist ein Bodyhacker, der einen Mikrochip implantiert hat und damit Haus- und Autotüren öffnet.
Die schwierigste Geschichte, die ich recherchieren musste: Sind Gespräche mit Menschen, deren Kinder gestorben sind. Zum Beispiel die Eltern, deren zwei Söhne im Abstand von wenigen Jahren jeweils bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen sind.
An diese Geschichten von mir denke ich gerne zurück: An die Reportagen von der großen Flut in Dresden 2002, an die Einfahrt an Bord der „Queen Mary“ bei ihrem ersten Hamburg-Besuch. An das Huhn Lotte, das im Marco Polo Tower in der HafenCity gelebt hat oder an einen Besuch auf Hallig Hooge.
Das spannendste Ereignis, bei dem ich als Journalistin dabei sein durfte: Die Expo 2000 in Hannover, der G-20-Gipfel in Hamburg.
Im letzten Leserbrief, den ich bekomme habe, ging es um: „Zu viele Baustellen: Hamburger stehen jährlich 44 Stunden im Stau.“ Darin schildert ein Leser, dass er nach mehr als 25 Jahren Dienstwagenerfahrung und der Tortur, von Rissen in die Innenstadt zu fahren, sein Auto „an den Nagel gehängt“ hat und auf die Bahn umgestiegen ist. Statt bis zu 90 Minuten fährt er jetzt nur noch 35 Minuten.
Im Hamburger Abendblatt lese ich am liebsten: Reportagen über spannende Menschen mit außergewöhnlichen Ideen, Lebensentwürfen oder Berufen.
Wenn ich etwas anderes beim Hamburger Abendblatt machen könnte, wäre ich gern: Fotografin.
Neben dem Hamburger Abendblatt lese ich: „Bild“, „Barbara“, „Die Zeit“ sowie den „Stern“ und die „Gala“ im Wartezimmer beim Arzt.
Die sozialen Medien sind für mich: Unterhaltung, manchmal auch gute Recherchequellen und sehr große Zeitfresser.
Menschen, die an der Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit von Medien zweifeln, sage ich: Ich bin nicht missionarisch, meist meckern ohnehin die am meisten über die Medien oder speziell über das Abendblatt, die kaum die Zeitung lesen. Aber vielleicht ist genau diese Kolumne ein Mittel, um das Vertrauen in die Medien zu stärken. Denn hinter den traditionellen Medien stehen Menschen, die erreichbar sind. Wenn ich Fehler mache, muss ich (oder mein Chef) dafür geradestehen. Dieser direkte Draht und die Verantwortung für das, was man verbreitet, ist in den sozialen Medien nicht immer möglich. Und: Journalisten müssen selbstkritisch sein, was machen wir falsch? Was können wir besser machen?
Zuletzt gelesen habe ich: „Die Geschichte der Bienen“ von Maja Lund und „Baba Dunjas letzte Liebe“ von Alina Bronsky.
Meine größte Leidenschaft ist: Ausritte auf Islandpferden und das Meer, besonders Föhr. Und die Berge – Wander- und Klettertouren durch Südtirol. Am liebsten mit der Familie. Die findet das noch nicht so toll wie ich.
Meine Lieblingsplätze in Hamburg sind: Auf einem SUP-Board auf der Außenalster, bei Sonnenschein draußen in meinen Stammcafés.
Vita: Geneviève Wood kommt aus Celle, arbeitete während ihres Anglistik- und Soziologiestudiums in Hannover als freie Journalistin, unter anderem für die „Neue Presse“, für Stadt- und Studentenmagazine, für das „Norddeutsche Handwerk“ und für die Deutsche Presse-Agentur in Hannover. Anschließend ging sie auf die Axel Springer Journalistenschule, Stammredaktion „Bild Hamburg“ und später „Hamburger Abendblatt“. Sie ist seit ihrem Volontariat 2001 beim Hamburger Abendblatt, hat mit ihrem Mann zwei Töchter (9 und 12). Zum Haushalt in Hoheluft-West gehören außerdem zwei Katzen.
PS: Der Name ist echt. Deutsche Mutter, englisch-französischer Vater.