Ein E-Mail-Wechsel von Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider und „Cicero“-Chef Christoph Schwennicke.

Christoph Schwennicke (r.), Chefredakteur des in Berlin produzierten Magazins „Cicero“, und Lars Haider, Chefredakteur des Hamburger Abendblatts, pflegen eine E-Mail-Freundschaft, die wir jeden Sonnabend an dieser Stelle veröffentlichen.

Haider: Lieber Christoph, ich kann mir nicht helfen: Die Art und Weise, wie die neue Bundesregierung nun endlich zustande gekommen ist, war ernüchternd bis dilettantisch und hat mein Bild von der Bundespolitik in wenigen Monaten deutlich verschlechtert. Bin ich da zu hart?

Schwennicke: Was törnt Dich denn so ab?

Haider: Grundsätzlich finde ich den Umgang unter Berliner Bundespolitikern schlimm. Das beginnt damit, wie man mit Führungskräften umgeht, und endet damit, dass es offensichtlich keine Dankbarkeit für Politiker gibt, die jahrelang ihren Kopf hingehalten haben, zum Beispiel als Minister.

Schwennicke: Mir kommen gleich die Tränen. Dich hätte ich gern als Chef. Also mal andersherum: Es ist ein Privileg für die eigene Partei, ohne die man nichts, aber auch gar nichts wäre, auf Zeit ein Amt ausüben zu dürfen. Und dann ist eben mal Schluss. Was hältst Du davon?

Haider: Aber danke könnte schon mal einer sagen. Ich sehe schon: Ob Journalisten oder Politiker – Euch in Berlin sind die ganz normalen Umgangsformen schlicht fremd geworden. Furchtbar! Und jetzt überlege ich mal, ob ich Dich gern als Chef hätte ...

Schwennicke: Wen oder was meinst Du denn konkret? Vielleicht hab ich ja was verpasst, was Deine Empfindsamkeit erklärt. Ansonsten: ja. Berlin ist hart. Hoffentlich ist Dein Olaf Scholz nicht so hamburgisch verzärtelt. Glaube ich aber nicht.

Haider: Nein, der passt schon ganz gut dahin. Wahrscheinlich bin ich einfach zu empathisch für Berlin … Ist doch wirklich schade, dass wir Sigmar Gabriel in der Spitze der deutschen Politik verlieren. Wer soll jetzt solche spektakulären Interviews geben, wer soll Woche für Woche für Überraschungen sorgen? Ich werde ihn vermissen.

Schwennicke: Ein schönes Schlusswort, das wir jetzt einfach mal so stehen lassen könnten. Vielleicht nur noch so viel: Sigmar Gabriel ist seines eigenen Schicksals Schmieds. Und er ist ein tragischer Fall. Tragisch an sich selbst gescheitert.