Jedenfalls ein Recht auf Heimatliches in der Sprache. Bei uns heißt es „zu“ Ostern und „Sonnabend“ statt Samstag

Eine Leserin schreibt: „Im Radio hört man immer wieder: Ich wünsche Ihnen einen schönen guten Tag. Ist das richtig, kann man einen schönen guten Tag wünschen? Meiner Meinung nach sagt man: Ich wünsche Ihnen einen guten Tag, oder ich wünsche Ihnen einen schönen Tag. Aber beides zusammen?“

Als Sprachkolumnist bin ich nicht bloß Autor, sondern muss, wie ich gelernt habe, als „Service“ auch kurze Fragen kurz beantworten. Allerdings möchte ich mich dabei auf die geschriebene Sprache beschränken.

Der Verfasser ist „Wortschatz“-Autor und früherer Chef vom Dienst des Abendblatts. Seine Sprachkolumne erscheint dienstags
Der Verfasser ist „Wortschatz“-Autor und früherer Chef vom Dienst des Abendblatts. Seine Sprachkolumne erscheint dienstags © HA | Klaus Bodig

Im Radio wird jedoch gesprochen, und ich kann in dem schriftlich wiedergegebenen Zitat die Pausen und Betonungen des Moderators nicht nachvollziehen. Grundsätzlich darf der Tag mehr als eine Eigenschaft haben, und alle diese Eigenschaften können hinter­einander als Attribute vor dem Substantiv stehen. Der Tag kann gut verlaufen, und der Tag kann ein schöner Tag sein. Warum sollten wir den Tag nicht durch die Aufzählung entsprechender Adjektive charakterisieren, die wir allerdings jeweils mit einem „und“ koppeln müssten? Der Moderator wünscht also einen schönen Tag und einen guten Tag. Falls er die Konjunktion „und“ jedoch weglässt, muss er stattdessen ein Komma setzen: „Ich wünsche Ihnen einen schönen, guten Tag!“ Ein Komma kann man schreiben, aber nicht hören, es sei denn durch eine kleine Pause oder Betonung des gesprochenen Satzes. Für nicht selbst gehörte Pausen bin ich jedoch nicht zuständig.

Im Prinzip steht zwischen zwei attributiven Adjektiven ein Komma, wenn sie sich gleichrangig auf das folgende Substantiv beziehen. Dabei kann das Komma durch ein „und“ ersetzt werden: ein schöner, alter Garten. Der Garten ist alt und schön. Ein Komma steht nicht, wenn das erste Adjektiv quasi das Attribut des zweiten ist, das zweite also mit dem Substantiv einen Gesamt­begriff bildet: ein schneller italienischer Sportwagen. Der Sportwagen ist nicht schnell „und“ italienisch, sondern schnell, weil er italienisch ist. Unter Umständen handelt es sich um den Lamborghini eines Fußball-Jungprofis.

Sind die Adjektive nicht gleichrangig, tritt im Allgemeinen Wechselflexion ein: nach heftigem innerparteilichen Streit stimmten die SPD-Mitglieder ab. Sind beide Adjektive dem Substantiv gegenüber jedoch nebengeordnet, sollten wir zur Parallelflexion greifen: nach langem[,] schwerem Leiden. Allerdings ist auch nach langem[,] schweren Leiden mit oder ohne Komma erlaubt.

Die Mail der Leserin enthielt noch eine weitere Frage: „Früher war es üblich, wenn man sagte: Weihnachten gibt es bei uns immer Gänsebraten oder
Ostern
suchen wir keine Eier. Heute wird das Wort an hinzugefügt: an Weihnachten, an Ostern oder an Pfingsten. Wo kommt dieses meiner Meinung nach völlig überflüssige Füllwort her?“

Die übliche (unbegleitete) Form Weihnachten tritt auch als die Weihnacht, das Weihnachten oder die Weihnachten auf. Man kann sagen: Weihnachten hatten wir ein Familientreffen. Hochsprachlich korrekt ist es jedoch, Festtagsbezeichnungen mit einer Präposition anzuschließen. In Hamburg und Norddeutschland heißt es als Zeitangabe zu Weihnachten, zu Ostern, zu Pfingsten. Die Fügung an Weihnachten ist vor allem süddeutsch. Nicht zu verwechseln mit der Zeitangabe ist die Präposition zu in der allgemeinsprach­lichen Wendung jemandem etwas zu Weihnachten (zum Weihnachtsfest) schenken. Die Präposition drückt hier keinen Zeitpunkt, sondern einen Zweck, einen Grund, ein Ziel aus.

Für uns Hamburger stellt sich also gar nicht die Frage, ob wir Festtagsbezeichnungen mit einer Präposition gebrauchen, sondern die, welche Präposition bei uns korrekt ist. Auch der Norden hat ein Recht auf Heimat in der Sprache, da mag die „Tagesschau“ aus Hamburg noch so sehr dem Süden nachgeben. Also: Wir sagen zu Ostern, und vor allem heißt der sechste Wochentag zwischen Hamburg und Dresden Sonnabend und nicht etwa „Samstag“. In meiner Dorfgemeinde führte die Landjugend am „Samstag“ ein plattdeutsches Stück auf. Plattdeutsch am Samstag! Ich überlege, ob ich als regionale Rache nun Kaiserschmarrn mit Speck und Pinkel servieren soll.

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